Montag, 9. Mai 2011

Aktuell: Piratenglamour

Ich bin schon ganz aufgeregt, soeben hat sich eine Gruppe Piraten zusammengetan um zusammen eine Aktion der Sonderklasse zu planen:

Da wir am Samstag ohnehin einen Weltrekord aufstellen möchten, lohnt es sich uns zu diesem Anlass schick anzuziehen. Es soll nämlich versucht werden, das hochauflösendste politische Gruppenfoto der Welt zu schießen. Das heißt, so viele Piraten wie möglich auf einem einzigen Bild. Das kann sehr witzig werden. Vor allem,  wenn wir uns vorher möglichst bei einem von Kameras begleiteten Schaulaufen möglichst trollig-schick in Szene setzen. Ich bin gespannt wie das wird. Ich hoffe nur, dass jeder auch versteht, dass es nicht um nen schnöden Bankeranzug geht oder langweiliges Kostümchen, sondern um kreatives, festlich angehauchtes Styling, das Spaß machen soll. Vor allem, wer sagt das Nerds nicht glamourös sein können? 

Die liebe Marina hat hierzu auch bereits einen tollen Blogeintrag geschrieben, den ihr euch ansehen solltet. Schon allein des Fotos wegen. 


Sonntag, 8. Mai 2011

Antwort auf den "Aufruf an die Generation Digital!"


Disclaimer: Der Inhalt dieses Textes ist subjektiv gefärbt. Er stellt meine Sichtweise und Wahrnehmung  bezüglich der dargestellten Situation dar. Wenn es konstruktive Verbesserungen, Ergänzungen geben sollte, sind diese stets willkommen. 


Ein Essay aus der Financial Times von Gunter Dueck hat mich zum Nachdenken angeregt. Es ist die Rede von einer großen Aufgabe für eine Gruppe die gerne "digital Natives" genannt wird welche die Welt von Morgen erschaffen muss. Es ist die Rede von einer Infrastruktur namens Internet, welche nicht einem einzigen klassischen Ressort einer Regierung zuzuordnen ist, sondern allumfassend in unser Leben eingreift. Soweit, nochmal so gut.


Allerdings möchte ich zuerst als Mensch des Netzes dieser Sichtweise die zwar informiert aber dennoch scheinbar eine Außenansicht darstellt, zwei Dinge korrigierend hinzufügen:


1. Der Begriff digital Natives ist gut gemeint, jedoch ist es schon bei der Definition dieses Begriffes sehr problematisch im Bezug auf die Realität. Landläufig wird unter einem "digital Native" ein Mensch verstanden, der nach 1980 auf die Welt kam und somit selbstverständlicher mit der Kommunikationstechnologie von heute umgeht, als etwa jemand der 1957 das Licht der Welt erblickte. Hier werden schlichtweg die Gründer der digitalen Welt und ihrer Ideale, Werte und Gepflogenheiten ausgelassen. Mich wundert dies, da ich Herrn Dueck selbst diesen Gründern zuordnen würde. Da man nicht alle Personen in der digitalen Welt nicht einer Generation per se zuordnen kann, möchte ich lieber von digitalen Menschen sprechen (Wer sich übrigens zu den Gründern der digitalen Welt informieren möchte, der surfe diese Seite an. (Achtung, englische Sprache und viel, viel Inhalt!))


2. Das Internet, unsere digitale Welt ist eine zweite Dimension unserer Realität. Diesen Aspekt vermisse ich als explizit ausgeschriebene Aussage. Erst wenn man sich dieser Qualität bewusst wird, kann man auch verstehen was einen Menschen wie mich oder meine Peergroup dazu treibt "ständig an einem Gerät zu hängen". Es ist für uns genauso wie ein Gang auf die Straße zum nächsten Cafe um dort mit unseren Freunden einen Kaffee zu trinken und noch ein paar Einkäufe hinterher zu tätigen. Nur können wir dies in der physischen, wie auch in der digitalen Welt. Gleichzeitig. Dass beide Realitäten einander beeinflussen und bedingen ist hierbei eine Selbstverständlichkeit, wie auch von Dueck im Essay impliziert.


Nun zum Eingemachten:


Dieser Artikel, genauso wie der viel beachtete Vortrag des Autors auf der 5. re:publica in Berlin, spricht vor allem vom Immateriellen. Hier geht es um Denkweisen, Verfahren, Bildung und die Umstrukturierung der Gesellschaft. Jedoch fehlt mir hier wiederum eine sehr wichtige logische Voraussetzung: Um etwas zu verändern und diese Veränderung in eine langfristige, gelebte Realität umzusetzen, benötigt man physische Manifestationen. Ich rede hier nicht von Serverfarmen und meist gemieteten Hackerspaces, sowie wissenschaftlichen Instituten an Universitäten. Ich rede hier von organisierten, in der physischen Welt verankerten Institutionen die gesellschaftliche Aufgaben übernehmen und von der Gesellschaft in irgendeiner Weise getragen werden. Die von mir aufgezählten Instanzen Serverfarm, Hackerspace oder wissenschaftliches Institut sind zwar halb willkürlich gewählt, jedoch repräsentativ für die Entwicklung der digitalen Welt und dessen Kultur und Politik:


1. Ohne die Serverfarm wäre das Gedächtnis im Netz nicht so effektiv und vor allem nicht so "unvergesslich" wie wir es kennen.
2. Hackerspaces wie die berühmte c-base in Berlin etwa, stellen für mich unabhängige Instanzen zur individuellen Bildung, Weiterentwicklung und Kulturarbeit in der Hacker/Nerd/Geek Welt dar. Sie sind meist in sich gekehrte, jedoch meist sehr kreative Orte die ihre Energie über ausgewählte Kanäle auch nach außen tragen können.
3. Das wissenschaftliche Institut an einer Universität stellt für mich die wirkliche Geburtsstätte der digitalen Welt von heute dar. Sie vereinigt die Serverfarm und das Hackerspace in ihrer Geschichte: Man denke an die ersten Hacker vom MIT, welche aus einer Tüftlerkultur der Modelleisenbahner einerseits, und auch der Amateurfunker erst an  nicht vernetzten und dann vernetzten Rechnern die digitale Kommunikation und die einhergehende Kultur quasi empfingen.


Diese Instanzen sind virtuell und physisch, jedoch meist einer Abhängigkeit unterworfen:
Die Serverfarm, das Hackerspace oder das wissenschaftliche Institut  muss in einer dafür passender Räumlichkeit untergebracht werden. Diese Räumlichkeiten sind in der Regel angemietet und/ oder von Dritten betrieben und verwaltet. Man ist Reglementierungen unterworfen, die je nach Standort liberal oder repressiv sein können. Um jedoch nachhaltig eine Veränderung in der Gesellschaft und eine Anpassung an die neuen Realitäten im Sinne des Verfassers herbeizurufen, benötigt es jedoch vielleicht sogar ähnliche Bedingungen die wir vom Kölner Dom her kennen: Sie müssen sich selbst gehören. Abhängigkeiten gefährden mehr oder weniger die Fortdauer und Entwicklung einer Instanz. Wenn diese nicht nur fortdauernd sondern auch gesellschaftlich formend aktiv sein möchte, dann gehört eine physische Manifestation in Form von Besitz dazu. Besitz der auch Entscheidungshoheiten mit sich bringt. Wer oder was diese Hoheit ausübt, ist eine andere Frage. (Ich persönlich würde es zum Beispiel gerne basisdemokratisch und genossenschaftlich verwaltet sehen.)


Ich möchte an dieser Stelle noch einmal einen Punkt aus Duecks Essay herauspicken, nämlich seinen starken Fokus auf die Ökonomie. Diese ist in der Tat eine wichtige Grundlage für das tägliche Leben, dennoch wird diese in der heutigen Zeit etwas übergewichtet. Die neue Gesellschaft muss sich auch der Kultur bewusst sein die sie prägt und trägt. Kultur ist das Gedächtnis der Menschheit. Ohne diese keine Ökonomie, denn diese ist streng genommen auch nur ein Arm der Kultur. Die Bewahrung und Entwicklung des Menscheitsgedächtnisses ist von höchster Wichtigkeit. Vor  allem vor dem Hintergrund der schnellen Verderblichkeit viele unserer Datenträger dessen wir uns nicht immer bewusst sind. Es folgt ein historisches Beispiel bezüglich der Gedächtnisbewahrung in einer vereinfachten und sicherlich unvollständigen Form:


Da ich mich derzeit intensiv mit der mittelalterlichen Klosterkultur beschäftige, werde ich aus diesem Bereich ein hoffentlich einleuchtendes Beispiel schildern:
Die Klosterkultur entstand primär als Ausdruck des konsequent gelebten Christentums um die Zeit der Völkerwanderung herum. Es war eine sehr bewegte Zeitenwende, das Leben war alles andere als sicher und behütet. Die Paradigmen wurden gerade von "heidnisch" zu "christlich" verschoben und allerhand Horden zogen kreuz und Quer durch Europa. Meine Professorin meinte hierzu einmal: "Damals gingen in Europa die Lichter aus." Jedoch brannten hier und da hinter dicken frisch errichteten Klostermauern streng bewacht, manche Lichter weiter. Es gab schlicht und einfach Menschen, welche ihr Leben dem Bewahren und der Pflege von Information widmeten. Das dies primär religiös motiviert war, sei erst mal dahingestellt. Das aus dieser Wissensbewahrung und Pflege eine sehr mächtige katholische Kirche entstand, ist wiederum eine sehr beachtenswerte Tatsache. Und wie konnte eine Bewegung im alten Rom beispielsweise von einer verfolgten Gruppe zur dominierenden Kultur heranwachsen? Konsequente Organisation und physische Manifestation. Wir haben hier also eine Parallele bezüglich einer gesellschaftlichen Umwälzung zur Betrachtung vor uns.


Ob unsere derzeitige Veränderung der Welt durch meine Peergroup (digitale Menschen) sich in eine digitale Machtkrake wie die Kirche entwickelt, oder bei ihren demokratischen und menschenfreundlichen Idealen bleibt, ist eine Frage die nur zukünftige Generationen beantworten können. Jedoch ist hier ein praktisch gangbarer Weg als Idee hier vorgezeichnet. Das letze Wort ist dies jedoch sicherlich nicht.





Samstag, 7. Mai 2011

My little Kulturrebellion


Die Aussage auf der obigen Abbildung ist ernsthafter, als sie zuerst anmutet. Ernsthaftes wird jedoch heutzutage immer noch bevorzugt mit einer Miene verbunden, welche kein Lachen oder Lächeln zeigt, eine Haltung, die nicht fröhlich gestimmt sein sollte. Meistens zumindest. Glitzerregenbogen passen daher sicherlich nicht ins Bild der Ernsthaftigkeit des europäisch geprägten Menschen.* Bei der Lektüre für meine Forschungsarbeiten bezüglich der Klosterkultur im Mittelalter begegnete ich bei einem Essay des Mediävisten Peter Dinzelbacher einer sehr entlarvenden Aussage bezüglich der seriösen Sauermiene:

"Dass der europäische Mensch sich als seriös nur dann empfindet, wenn Ernst sein Verhalten prägt, darf wohl als eine säkularisierte christliche Norm bezeichnet werden, die besonders vom Mönchtum getragen wurde. Zahlreiche monastische Autoren verurteilten das Lachen mit der Begründung, Christus habe wohl geweint, aber nie gelacht (was auch tatsächlich nirgendwo im Neuen Testament steht). Ausgelassenheit ist daher in der traditionellen europäischen Kultur nur im Rahmen der "verkehrten Welt" legitim, beim Karneval. Dem Mönch, dann dem Christen überhaupt, dann seinem säkularisierten Nachfolger geziemt dagegen Trauer oder wenigstens Ernst als grundsätzliche Lebenshaltung." (Essay "Mönchtum und Kultur" (1. Abschnitt: Mittelalter) erschienen in: Kulturgeschichte der christlichen Orden in Einzeldarstellungen, Hg. Dinzelbacher/Hogg, Stuttgart 1997)

Diesen Sachverhalt muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen, vor allem ich als Agnostiker, der die hiesige christlich geprägte Kultur zwar respektiert aber nicht zwangsläufig akzeptiert. Hier sieht man, wie ein kolportiertes Halbwissen bezüglich Jesus und seines angeblichen Gebarens, noch nicht einmal in der Bibel erwähnt, sich über die Jahrhunderte quasi zu einem kulturellen Imperativ entwickelt hat. Andererseits
weiß jeder klar denkende Mensch, dass ein Lächeln einen manchmal weiter bringt als eine ernste Miene zu einem wie auch immer gearteten Spiel. Soviel zur ersten Prämisse voller Widersprüche.


Wir haben hier also ein kulturelles Wahrnehmungsfeld, welches Ernsthaftigkeit oder gar eine traurige Haltung als ernst zu nehmender einstufen vermag, als ein lachendes, fröhliches oder ausgelassenes Verhalten. Sehr oft passiert es gar, dass das Fröhliche dem "naiven", dem "clownesken" oder gar der tumben Massenunterhaltung untergeschoben wird. Das Lachen selbst als kultureller Ausdruck wird in anderen, ortsunabhängigen Kulturgebieten oft anders bewertet. Nehmen wir einmal die Urmutter der "Spaßreligionen", den Diskordianismus:


"Ich bin Chaos. Ich bin die Substanz, aus der eure Künstler und Wissenschaftler Rhythmen formen. Ich bin der Geist, der durch eure Kinder und Narren in fröhlicher Anarchie lacht. Ich bin Chaos. Ich bin wieder da und sage euch, ihr seid frei." (Die Offenbarung)


Dieser Text, wohl in den späten 1950ern ursprünglich in Kalifornien geschrieben, macht diesen Paradigmenwechsel vom christlich geprägten abendländischen/europäischen Ernsthaftigketisfetischismus hin zum aufgeklärten Menschen klar, der sich sehr wohl bewusst ist, dass Spaß nicht nur harmlose Narretei und Kinderkram darstellt. Daher müsste man auch die Konnotation von "Spaßreligion" genauer betrachten: (2 Mal auch im Satz)


1. Spaß ist hierbei nicht als "Nebensache" im "Ernst des Lebens" zu betrachten.

2. Der Spaß ist ernst zu nehmen, die Ernsthaftigkeit mit Humor.

3. Eine Spaßreligion oder Religionsparodie dient dem meist atheistischen/agnostischen Menschen dazu, die irrwitzigen und albernen Auswüchse der Religionsausübung per se zu karikieren. Sie spielt bewusst mit der fehlenden Logik in herkömmlichen Religionen. Eine Spaßreligion hat aber auch einen philosophischen Hintergrund, dessen Ziel es ist, das selbständige Denken zu fördern und dieses mit Freude geschehen zu lassen. Eine Spaßreligion erfüllt aber auch eine Rolle in der Tradition einer Kultur, genauso wie es eine herkömmliche Religion tut. Man betrachte beispielsweise an dieser Stelle lediglich die Rolle des eben erwähnten Diskordianismus im Chaos Computer Club .


Die selben Dinge kann man übrigens auch analog für eine "Spaßpartei" betrachten, da beispielsweise in der Piratenpartei das Ernsthaftigkeitsprimat an ausgewählten Stellen erfolgreich aufgebrochen wird, wo es nicht immer förderlich ist. Noch konsequenter geht die Partei "die PARTEI" vor: Sie betreibt eine gezielte Inversion dieses Paradigmas, in dem sie Ernsthaftigkeit zum Gegenstand des Spaßes macht. Hier sieht man folglich zwei politische Organisationen, die erstere wahrhaftig darin bestrebt, etwas zu ändern und die Zweite als Spiegel des Status Quo agierend, welcher einen Paradigmenwechsel bezüglich der Rezeption von Ernsthaftigkeit, Seriosität und Glaubwürdigkeit im Verbindung mit Humor, Lachen und Ausgelassenheit mit vollziehen könnte. Besonders interessant ist der Gedanke bezüglich "Religion" und Parteizugehörigkeit in Bezug auf die Piraten, denn der Diskordianismus und andere ähnlich geartete Weltanschauungen satirisch-philosophischer Art sind in diesen Kreisen sehr beliebt.


Die Netzkultur an sich, eine Wurzel der Piratenpartei etwa, ist genauso ein sehr messbarer Bereich bezüglich kultureller Ernsthaftigkeit im analogen Alltag und des digitalen Frohsinns als Kulturgut. Um einen sehr schnellen und auch direkt audiovisuellen Eindruck zum Treiben und Betreiben der Netzkultur zu bekommen, kann man sich die Seite z0r.de zu Gemüte führen. Diese mittlerweile auf 3000 Files angewachsene Flashbibliothek ist ein sehr interessanter Spiegel für viele Netzphänomene. Die Inhalte explizit beiseite gelassen, kann man feststellen, dass die grundlegenden Themen sehr ausgewogen sind. Es gibt ernsthafte, düstere oder auch kontemplative Animationen samt Musik, oder auch dadaistische, kitschige, esoterische, selbstreferenzielle und auch einfach absurde Darstellungen. Besonders anzumerken ist, dass gerade kitschige Darstellungen in dieser Kultur viel mehr Zuwendung finden als beispielsweise in der europäischen Traditionskultur. Dies ist teilweise auf die Einflüsse Asiens zurückzuführen, aber auch sicherlich auf die Tatsache, das man anonym im Netz seinen "Guilty Pleasures" besser frönen kann als offline unter Arbeits- oder Studienkollegen etwa. Mir selbst geht es nicht anders. Inmitten einer früheren Peergroup bestehend aus coolen, rockigen und ernst zu nehmenden Mitstudenten wollte ich nicht jedem auf die Nase binden, dass ich morgens zum wach werden gerne mal ein Happy Hardcore Stück durch die Gehörgänge jage. Ich fürchtete abwertende Blicke und Geläster. Heutzutage in der stetig wachsenden (ver-) Netz(ten) Kultur, findet man:


1. Ohne Scheu vor direkten sozialen Konsequenzen Menschen, mit denen man sich über etwas "abwegigere" Vorlieben austauschen kann, für die man sich sonst der "Coolness" halber, ergo der richtigen Miene und Haltung, schämen müsste.


2. Als Resultat der immensen Vernetzung besonders von nerdigen, geekigen Persönlichkeiten findet man auf der digitalen Kulturebene eine teilweise Verwandlung von Special Interests in ein Massenphänomen. War man früher mit seinen Hobbies und Vorlieben alleine, so findet man heute recht schnell Gleichgesinnte.


Hier vermute ich eine weitere Wurzel des regenbogenfarben-glitzernden Kulturaufstandes gegen das Diktat der Ernsthaftigkeit und einhergehend der "Coolness". Es konnte sich global eine relative Minderheit finden, um eine erneute Mehrheit im relvanten Raum zu bilden. Hier verweise ich wieder auf Seiten, welche die Netzkultur zum Thema haben, oder die selbst eine (selbstreferenzielle) Quelle der Netzkultur sind, wie beispielsweise z0r..de oder auch knowyourmeme.com (amerikanisch) als "Memführer" für Neueinsteiger.


Das letzte Huhn, welches ich an dieser Stelle rupfen möchte, ist meiner Meinung nach durch den Kapitalismus entstanden. Ganz frei von politischen Idealen möchte ich hier anführen, dass die Entfremdung von den eigenen Früchten der Arbeit, ganz klar das Thema Entfremdung per se, ein Thema geworden ist. Es ist ein Teil unseres Lebens und daher kann man es (leider) nicht wegdenken. Jedoch liegt es auch am Individuum selbst, sich Gedanken zu machen, inwiefern er oder sie sich hier mitreißen lässt in das tiefe, dunkle Loch. Ein gesellschaftliches Problem muss man sich nicht wie einen Mühlstein um den Hals hängen, um es zu verstehen oder gar zu lösen. Das perfide an Literatur oder Filmen etwa, die diese Entfremdung mit Effet thematisieren, sich in das System hineinbegeben und reflektierend aber unkommentiert darstellen. In einem System ist es allerdings schwer, das Gesamte zu überblicken und zu kritisieren. Daher wage ich es an dieser Stelle, diese Form des Kulturellen Ausdrucks auch als "gewollt" zu bezeichnen.Das Problem wird benannt und behandelt (Katharsiseffekt!) aber nicht gelöst. Natürlich gibt es hier löbliche Ausnahmen, die völlig dystopisch entfremdete, überwachte und kaputte Menschen zeigen und den Rezipienten entsprechend aufrütteln. Hier möchte ich nur einmal das berühmte 1984 von George Orwell bemühen.


Zum Schluss möchte ich gerne ein paar Gedanken loswerden, die das Ganze etwas bündeln sollen:


1. Wir haben die Negation des Lachens und der Heiterkeit im (monastischen) Christentum als Normalfall (Ausnahme: Karneval)

2. Wir haben Ernsthaftigkeit als Mittel zur Darstellung von Seriosität auf der säkularen Ebene

3. Gelächter und Lachen sind nicht nur eine Nebensache oder Beschäftigung der Narren, Kinder und Betrunkenen, sondern auch ein Mittel der Rebellion oder der Befreiung. (Siehe Diskordianismus und der Spaßreligionen im Allgemeinen)

4. Die Netzkultur schafft ein Forum für Menschen, die sich diesen Diktaten der Ernsthaftigkeit nicht immer unterwerfen wollen. Lachen, Niedlichkeit und Regenbogeneinhörner sind nicht mehr nur für Kinder!

5. ????

6. Wir fangen an, unsere eigene Kultur auf ihren verschiedenen Ebenen zu reflektieren, und wagen es, neue Wege des Ausdrucks zu finden. Die Idee der humorvollen Wahrnehmung von Ernsthaftem und der ernsthaften Auffassung von Humorvollem ist hier ein relativ alt gedienter, jedoch immer noch ein inspirierender Gedankengang. Das Überdenken von Paradigmen ist schließlich auch ein Beihelfer zur gesellschaftlichen Veränderung.


Daher scheiße ich Glitzerregenbogen auf eure Kulturdepression!




*Ich gehe hierbei explizit vom europäischen Kulturraum aus, weitere Betrachtungen sprengen den Rahmen. Jedoch kann gesagt werden, dass eine neutrale oder auch ernste Darbietung in vielen Kulturkreisen als seriös gilt. Abstufungen und Schattierungen sind zu beachten.