Montag, 7. März 2011

Karnevalistisches Selbstexperiment I

Hallo liebe Leser,

nun bin ich spontan in die Welt des Karnevals eingetaucht. Es ist nichts weiter spektakuläres, als dass es ein kontrolliertes Unkontrolliertsein ist. Ohne irgendwelche politische Deutungsversuche, könnte man hier von einem Fallschirmsprung sprechen (Danke, @Schwarzbart für diese Metapher). Denn ohne die Kontrolle des Fallschirms, kann man auch nicht wirklich mit wachem Verstand von einem Flugzeug springen. Die Wirtin im ersten Lokal war sehr freundlich, man hat sich sehr gut mit ihr unterhalten können. Ich erzählte von den Bräuchen meiner süddeutschen Heimat, man verstand meinen Blick von der Warte eines "Fremden" daher sehr gut. Wer wie ich, mit der schwäbisch-allemannischen Fasnet groß geworden ist, der ist auch nicht gleich mit dem Rheinischen Karneval vertraut. Das war ein guter "Vorwand", um meine Einwährmungsphase in dieses gesellschaftliche Ritual zu beschreiben.

Andererseits, kann ich es auch sehr gut verstehen wenn Menschen, die Tag ein und Tag aus in ihrem Rhytmus sind und den Karneval als sytemimmantentes Heraustreten einprogrammiert haben, dann auch freudig drauf eingehen. Dies möchte ich nicht als kritisches, von oben nörgelnden Kommentar verstanden haben. Jeder Mensch steckt in einem System drin. Selbst der linkeste, alternativste Schnösel hat so eine Rituale. Leugnen ist albern. 

Der Karneval, Fasnet, oder was auch immer, ist kein rein deutsches Traditionsgut: In Brasilien, Italien und auch in England (Shrove Tuesday: Pfannkuchen Dienstag), oder den USA (Mardi Gras) kennt man Ableitungen oder direkte Versionen des Karnevals in der eigenen Kultur.

Meine Lehre daraus ist, dass man den Menschen nicht von seiner Natur abhalten soll oder kritisieren darf. Egal, wie sehr es vielleicht das eigene ästhetische Weltbild angreift. Vielmehr greift dieses Erlebnis auf meinen letzten Blogeintrag zurück, menschliche Gemeinsamkeiten zu etablieren anstatt sich zu unterscheiden. Ich wette, wenn ich als Karneval feiernder Pirat von manchen wahrgenommen werde  hier in der Stadt, bin ich viel verwurzelter als einer der nicht auf den Feierlichkeiten eventuell gesehen wurde. Ich werde eventuell als Teil der Umgebung und daher als wählbar angesehen: Man wurde daher als Teilhaber einer Tradition wahrgenommen der daher auch diese ernst nimmt und weiter trägt. (Ein Vermehrungsfaktor. Immer toll.) Ich denke die Kultur meiner Welt sollte nach Möglichkeit wie ein Schwamm wirken und die Elemente der Allgemeinkultur aufnehmen und weiter verbreiten. Auf die ganz eigene Art. Das wird sicher nicht übel genommen. Es geht wohl eher um das Wertschätzen und Verbreiten, als um die Wortgetreue Nachahmung.


Manchem Leuten mögen meine Worte vielleicht als Selbstverständichkeit entgegen treten. Dies sehe Ich ebenfalls als durchaus normal an und immer wieder als betonenwert: Denn wenn man sich nicht der menschlichen, ästhetischen Vielfalt bewusst wird, wird man eines Tages zum pöbelnden John Galliano der mit inakzeptablen Parolen und dummen Sprüchen von sich Reden macht. Das ist für mich ein Resultat der ästhetischen Entfremdung aufgrund von elitären, ästhetischen Welten, welche von einer Gruppe erschaffen werden können.

Auch wenn ich ein Modenerd bin, heisse ich es nicht gut, dass man den Stil über den Menschen stellen sollte. Wer Menschen aufgrund von etwaiger "Hässlichkeit" verurteilt, gehört selbst verurteilt: Als Depp und Unmensch. Unmenschen sind per se nicht stylisch. 

Stil ist menschliches Vermögen den Anderen anzuerkennen und sich selbst dabei möglichst elegant zu verkaufen. Nicht mehr und nicht weniger. Vielen Dank!

Schöne Grüße,





Die Torte

Sonntag, 6. März 2011

Selbstexperiment mit dem Gegenteil meiner Selbst

Sehr geehrte Leserschaft,


man mag gerne von einem Menschen wie mir behaupten, dass ich in einer Blase lebe. Die Blase des intellektuellen, abgehobenen Denkertums. Ich gehöre zu der kleinen Gruppe der Menschen die die Bild-Zeitung als gefährliche Propaganda bezeichnen. Ich gehöre zu der Gruppe der Menschen die Massenphänomene hinterfragen und gerne mal ironisch mitleben, aber auch genauso hämisch dagegenhalten. Ich gehöre zu der Gruppe der Menschen die das Internet als veritablen Lebensraum betrachten und sogar sich als Staatsbürger des Internets betrachten. Einfach weil man es kann und weil es sich natürlich und legitim anfühlt.

Aber was ist mit den anderen, vielen anderen Menschen? Menschen die das Internet nicht kennen oder gar als Bedrohulng ansehen könnten? Sind diese einfach ausgeblendet in der Weltsicht des vermeindlichen Kellernerds? Genau dies gilt es mal entgegenzuwirken. Ich werde jetzt in eine Kneipe voller rheinischer Karnevalisten gehen. Am Vorabend des Rosenmontags. Dort werde ich einfach erstmal reingehen und existieren. In meiner normalen Aufmachung. Ich werde als alleinigen Aufhänger einer Kostümierung mir einen Aluhut aufsetzen. Als ironisches Zeichen meines Nerdtums. Dies wird nicht kommentiert, ledichlich getragen. Alles weitere wird dann einfach kommen. In meinen Taschen befinden sich 3,50 Euro. Dies reicht für einen Gerstensaft.

Ich bin gespannt was passiert. Meine Erlebnisse werden hier protokolliert.

Helau oder Alaaf. Ich weiss nicht was man hier genau sagt. Dies werde ich unter Anderem eruieren.