Dienstag, 28. Dezember 2010

Aufruf in eigener Sache

Ich sitze gerade an einer Hauptseminarsarbeit im Fach Geschichte zum Thema Informationseliten im Mittelalter und in der digitalen Gesellschaft. Hierbei interessiere ich mich für Vergleiche bezüglich der Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Urheberbegriffes und der Auffassung von Urheberschaft und damit verbundenen Rechten im Mittelalter (vor dem Buchdruck!) und in der Netzgesellschaft. Damals wie heute, wurden quasi "aus dem Bauch heraus" Mashups produziert und kulturimmanent für selbstverständlich erklärt. Ein literarisch aktiver Geistlicher konnte aus den ihm oder ihr zugänglichen Quellen Inhalte verarbeiten und zusammenfügen wie es gerade passte und für gut befunden wurde um eine Botschaft zu transportieren. Dies passiert genauso in der Netzkultur: Allerdings werden wir heute nicht selten mit rechtlichen Hürden konfrontiert, die das freie Verbreiten und Verarbeiten von bereits vorhandenen Inhalten erschwert.
Mein Augenmerk in dieser Arbeit ist auf das Schriftliche gelenkt. Bildliche Darstellungen sind nicht primärer Gegenstand meiner Arbeit.

Wer sich mit diesem Thema oder ähnlichen Fragestellungen befasst, der möge doch bitte einen entsprechenden Kommentar hinterlassen. Dies gilt auch für Menschen die Texte zum Thema kennen und auf diese verweisen können. Ich freue mich über jeden Input!


Es grüßt,

die forschungstorte

Addendum:


Es geht es mir hier explizit um das Mönchtum im Mittelalter. Gutenberg und Da Vinci (siehe 1. Kommentar der sehr klug ist) sind frühe Neuzeit und für sich sehr interessante Wegbereiter einer neuen Denkweise im Vergleich zum Mittelalter.

Das Klosterwesen als kleiner, elitärer Wissenstümpel benötigte kein Copyright oder Urheberrecht. Man verbreitet die Inhalte im Sinne des Glaubens und des Ordensauftrages möglichst die Liturgie auf dem Laufenden zu halten. Updating quasi. Die Schriften werden relativ frei zwischen Klöstern eines Ordens etwa getauscht um Abschriften zu ermöglichen. Die Autorschaft ist vorerst eine sehr zweitrangige Angelegenheit. Caritas, eine wichtige klösterliche Tugend (caring und sharing u know) ist hier sicher ein wichtiges Motiv wenn es um das Teilen von Wissen geht. Schließlich sollte das Kloster und das Kloster nebenan auch auf dem neusten Stand sein. Die Abgrenzung findet nach außen zum großen Rest der Welt statt. Die Anderen können nicht lesen, nicht schreiben und sich erst gar nicht die Pergamente welche zu Kodizes gebunden und beschriftet werden, leisten. Diese sind einzig und allein Sache der Geistlichkeit, des Klerus und des reichen Adels. (Die Letzteren können zwar nicht oft den Inhalt des Prachtklotzes entziffern, aber er bringt irre viel Renommee ins Haus!)
Erst die revolutionäre Erfindung Gutenbergs bringt das altbekannte Ständesystem auch von Seiten der Informationskultur an sich schwer ins Wanken und schließlich zum Verderben.

Ich möchte mir
1. Ansehen welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede diese sehr abgeschlossene und in Wissenstechnisch (!Wichtig:Liturgie und Wissen über den Glauben an sich!) liberal anmutende Klosterwelt sich von unserer Netzkultur mit ihrem freien Wissensaustausch etwa bestehen.

2. Wie abgeschlossen vom Rest der Welt wir wirklich sind in unserer Netzwelt und wie wir vielleicht auch oft unfreiwillig so etwas wie ein digitaler Klerus sein könnten. Denn unser Wissen wollen wir doch am liebsten mit Nachbars, Hund, Katz und Maus teilen. (Hackerethik usw...)Doch will die Welt unser Wissen? Kann diese es aufnehmen? Diese Fragen treiben mich umher.

Nur mal noch als Erläuterung zu meinem Aufruf.

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Kulturelle Register, Ausserirdische und Exzentriker

Selbstverständlichkeiten (?!) unter der Lupe

Liebe Leute,
heute durfte ich mal wieder einen Text zum Thema "Frausein" lesen. Dieser stammt J. Schramm, ist auf jeden Fall lesenswert, vor allem der erste Absatz. Mit diesem ersten Absatz kann ich was anfangen und auch Parallelen zum eigenen Wahrnehmen finden. Auch ich kenne es, in reinen Frauengruppen einfach nicht wirklich hineinzupassen. Diese teilweise sehr erschütternden Erlebnisse habe ich über die Jahre beobachtet, Menschenkenntnisse gesammelt und dann nach und nach für mich im stillen Kämmerlein analysiert.

Es ist sehr praktisch, trotz der Wut auf "Frauen" die bei Zeiten nicht selten hoch kam, einmal die altgediente Vogelperspektive einzunehmen. Der erste Knackpunkt für mich war, dass ich mich  mit der Zeit immer mehr als Mensch seltsam bis schlecht behandelt fühlte, nicht als Huhn am untersten Rang einer Hackordnung. Je mehr ich mir dann dieses Menschendaseins bewusst wurde, desto einfacher war es auch in einer Situation mit unangenehmem Damengefüge die innere, geistige Oberhand zu behalten. Wo ich als weibliches Körpervehikel angegriffen wurde, welches sich frecher weise den unausgesprochenen, subtilen Regeln nicht fügt, war der Mensch in mir der stille Beobachter. Um die Situation sehr plastisch darzustellen, ist es für eine Person wie mich in manchen Frauengruppen wie das Dasein eines Migrantenkindes mit zwei Heimatregionen. Man ist  im Land der Geburt irgendwie fremd, in der Heimat der Eltern auch nicht wirklich ein Dazugehöriger. Andererseits hat man manchmal sehr schöne Begegnungen mit Menschen die die jeweilige Region in der man grad nicht ist, sehr mögen und man daher bewusst oder unbewusst auf Dinge diesbezüglich angesprochen wird.

So geht es mir manchmal mit Männern. Ein paar mal wurde ich von Menschen mit XY Chromosomen ohne Hintergrund einer sexuellen Anbahnung auf Pornographie angesprochen. Klassische, klischeehafte Männerbastion, obwohl dies in heutigen Zeiten mehr auf einen Mythos basiert. Typische Gespräche unter Nerds zu fortgeschrittener Stunde ergaben dann auch gern mal Diskussionen zum Pornokonsum. Meist kommen solche sehr spontane Situationen mit sehr freigeistigen Hodenträgern auf, die eher mein Dasein als meine Brüsteträgerschaft beachten. Genauso werde ich nicht selten in hitzige Fussballdebatten (ich bin Freiburg und Dortmund Fan)  hineingezogen oder auch auf Tanzflächen zum Wettpogen aufgefordert. Es macht menschlich einfach Spaß diese Momente zu genießen, vor allem wenn ich zufällig einen Rock trage.

Ich wurde mir bei der Betrachtung beider Situationen in den jeweiligen Geschlechtergruppen nach und nach bewusst, dass es hier um kulturelle Register geht, die hier gezogen werden. Der Genderbegriff von Butler ist mir hier zu starr, denn es fehlt ihm für mein Empfinden einfach an Dynamik bezüglich der Anwendung. Als Denkbasis ist dieser jedoch sehr geeignet um einzusteigen.

Männliche Eigenschaften, Tätigkeiten oder Interessen, genauso wie die der weiblichen sind doch einfach gleichzusetzen mit nationalen Dingen die die jeweilige Identität stiften. Wie oft krieg ich sehr nette Männer mit, die ganz stolz aufs Rülpsen, Furzen und Biertrinken als "männliche" Identitätsmerkmale, wie ein Türke auf Atatürk. Dabei hält die Realität bezüglich dieser Identitätsregister an denen viele sehr vehement festhalten, ganz andere Dinge bereit die gern übersehen werden. Die Identität könnte ja stiften gehen. Wir sehen das doch auch in der aktuellen Integrationsdebatte. Deutsche Leitkultur hier, Parallelgesellschaften dort. Genauso ist es mit den Menschen und seinen zwei biologischen Geschlechtern die sich ganze globale Kulturen aufgebaut haben. Was Geschlechterdenke angeht, geht sicher beispielsweise jeder religiöse Fundamentalist oder Konservative (und umgekehrt) jeglicher Region auf dieser Erde mit dem Anderen eher d'accord als zu manch anderen Fragen. Da pack ich mir ganz feierlich an den Kopf. Einerseits weil mich das noch mehr ins Grübeln bringt und auch gleichzeitig immense Kurzsichtigkeit vor mir ausgebreitet liegt.

Diese Erkenntnisse konnte ich dann sehr gut nutzen um unangenehme Situationen in reinen Frauengruppen stilvoll zu meistern. Ich lernte einfach die richtigen Register zu ziehen und schon lernte ich auf diese Weise wunderbare Damen, kennen die mich schon Jahre begleiten. Ich hatte auch ein wunderbares, mehrere Staffeln anhaltendes Tutorial: Sex and the City. Wenn immer ich mehr über weibliche Sozialgefüge lernen wollte, schaute ich mal was Carrie und Co so treiben. Diese Serie ist trotz der vielen oberflächlichen Klischees eine wunderbare, ironische und meisterhaft gestaltete Darstellung der modernen Weiblichkeit. Ein Portrait sozusagen, mit liebenswerten Manierismen. So wurde dann aus mir jemand der shoppen *und* shoppen kann. Beides führt zu wunderbar schicken und/oder lustigen Ergebnissen. Sei es vor dem Spiegel in der Boutique oder am heimischen Monitor. 

Um noch einmal die Serienkultur zu bemühen, gibt es eine Figur die kulturelle Register, sei es geschlechterbezogen oder auch kulturell, gerne auch ineinander verschränkt, situationsbedingt aus dem Ärmel schütteln kann: Die Figur Dax* aus Deep Space Nine mit dem unvergleichlich weiblichen Äußeren aber den Erinnerungen und dem Wissen von Männlein und Weiblein und irrsinnig vielen kulturellen Details aus vielen Regionen und Zeitaltern. Anhand von Dax erkennt man wunderbar, wie scheinbar gebundene (lokal, geschlechtlich, altersbedingt, etc.) kulturelle Register aufgrund eines eigenen Erfahrungsschatzes über den eigenen Grenzen hinweg von ihren Ursprüngen losgelöst werden können.

Die Situation des Körpers an sich kann durch Wissen, Bildung, Erfahrung daher nicht nur lediglich im Sinne akademischer oder beruflicher Ziele erweitert werden, sondern auch das rein selbstverständliche vom Leben lernen sollte noch viel tiefer begriffen werden. Das Lernen vom Leben kann daher auch mit methodischem Denken gekoppelt viele Probleme des gesellschaftlich-kulturellen Lebens lösen. Dies ist scheinbar sicher für viele erst mal eine Selbstverständlichkeit. Vor allem wenn man an das Lernen über verschiedene Länder, verschiedene Traditionen oder auch Gewohnheiten diverser sozialer Milieus denkt. Die Gender-Theorie von Butler hat auf Geschlechter bezogen, sehr wertvolle Dienste geleistet um Geschlechterkulturen zu analysieren. Doch haben sich meinem Erachten nach einige nach dem Konsum dieser geistreichen Schriften analysierend in ihr Territorium verbissen und das jeweilig Anderen genauso zu Tode analysiert. Das darüber hinaus denken und agieren schwang schon immer mit, doch ist dies für mein subjektives Empfinden manchmal auf der Strecke geblieben.

Angewendet auf mein eigenes Leben ist dieses Dax-Prinzip wie ich es hier nun nenne, sehr aufschlussreich: Großgeworden in einem äußerst kulturell vielfältigen Haushalt als Migrantenkind in Deutschland, mit Eltern die Geschlechterklischees schlicht nicht für wichtig erachten (Wenn Mutter und Vater beide gerne heimwerkeln, an Autos schrauben, Rechner bedienen, vorzüglich kochen und den Haushalt schmeissen ist das auch kein Wunder.) bekommt man eine Fülle an kulturellen Registern in den Schoß gelegt, jedoch ohne vorherige Wertung. Man lernt lediglich den Ursprung des jeweiligen Registers. Schon als Kind bin ich mit diesen umgegangen wie mit den abertausenden von Schallplatten in der elterlichen Wohnung: Nach Lust und Laune habe ich Musik gehört, nach Lust und Laune war ich entweder "Junge" oder "Mädchen, "Prinzessin" oder "Pirat", "Engländer" oder "Deutscher". Erst die Konfrontation mit dem Rest der Welt brachte erst Ernüchterung, dann Erfahrung und schließlich die sprichwörtliche Glühbirne über dem Kopf zum leuchten.

Wir haben es einfach mit kulturellen Registern oder auch um es mit einem derzeit populären Wort zu sagen, Memen zu tun, welche zwar gerne in ihren Memplexen bleiben aber nach einem Auslauf an der frischen Luft auch mal gerne sich mit vielen anderen Memen sehr dynamisch gruppieren können. Das Internet, für mich das größte Weltwunder unserer Zeit, vielleicht aller Zeiten, ist ein ein anschauliches Beispiel für memetische Migration und Durchmischung. Das ist auch das Geheimnis guter Diplomatie, welche nicht darauf angewiesen ist in eigenen Kabelbiotopen verschiedener Staaten rumzudümpeln, um sowieso an die Öffentlichkeit gerissen zu werden. Wissen ist Menschlichkeit. Ich bin ein Mensch und ich will jeden Tag mehr erfahren und lernen. Daher ist mir das Korsett eines weiblichen, deutschen, englischen oder europäischen Memplexes einfach zu beschränkt.


*Dax ist ein fiktiver Symbiont, welcher in verschiedenen Wirtskörpern lebt und somit diese auch überlebt. Die Erinnerungen der jeweiligen Wirte werden übertragen und diese profitieren von dem erweiterten Wissen und Erfahrungen die ihnen fast per "Download" nach dem Einsetzen des Symbionten einverleibt werden. Mehr dazu hier.

Montag, 6. Dezember 2010

Von Narren im feinen Zwirn und ehrlichen Menschen im Narrenhäs

Das Kleider Leute machen, ist doch eine weitverbreitete Plattitüde.
Wer sich ordentlich kleidet, den kann man ernst nehmen, dieser stellt was dar.
Ein Mensch, der sich in Schlabbertracht zeigt, hat wohl nicht immer gute Karte in gewissen Gefilden. Es ist zwar nicht mehr ganz so strikt wie vor 50 Jahren etwa, doch ist gerade für Blender ein feines Äußeres eine beliebte Tarnkappe, gepaart mit einem charmanten Gebaren.

Dieses Thema "Kleider machen Leute" beschäftigt mich spätestens seitdem ich mich als Pirat näher mit dem politischen Zirkus auseinander setze. Als Nerd mit Hang zur Exzentrik wird man ach zu schnell in die Narrenecke gesteckt. Der Mensch im feinen Anzug wird dagegen vielleicht bei Lobbyisten ganz narrisch und schwach, kommt aber weiter als ein Mensch der zwar sauber gekleidet und gewaschen ist aber sein eigenes Wesen ehrlich präsentiert.

Von Biotopen wie der Kreativwelt oder modernisierten Arbeitswelten, ist es doch sonnenklar, dass gerade in der Politik das vermeintlich Seriöse in Krawatte und Anzug oder Kostümchen die einzig anerkannte textile Visitenkarte sind. Auch ein einst in Turnschuhen vereidigter Landesminister  Joschka Fischer beendete seine beachtliche politische Laufbahn im Anzug vom Maßschneider. (Der Passende Beruf in der Wirtschaft als Berater folge sobald.)

Was lernen wir aus dieser Beobachtung? Ich jedenfalls nehme einen Joschka Fischer in Turnschuhen viel ernster als den scheidenden Staatsmann mit Beratervertrag in der Tasche. Der Erstere ist ein Mensch der ein ernstes Anliegen in die Hochpolitik hineinträgt und sich auch noch durch unwirsches Benehmen Gehör verschafft: "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch."* Das ist zwar sicherlich nicht ein Beleg für gute Kinderstube, aber gelackt ist das auch nicht. Jetzt mag man argumentieren, dass so manche Erzkonservative Polterbarden wie Strauß etwa genauso ungehobelt daherkamen, jedoch ergibt sich für mich in Verbindung mit dem modischen Bruch Fischers ein ganz eigenes Bild: Hier gibt es einen Politiker der ganz er selbst ist.

Das ist auch eine sehr demokratische Grundhaltung. Denn Anzug und Krawatte waren und sind noch Zeichen der Angepasstheit an ein Gedankenkonstrukt namens Establishment. Dies ist eine wie auch immer geartete Elite, welche von ihren Mitgliedern und Anwärtern einen Verhaltenscode abverlangt. Diese Normierung ist meiner Meinung nach zu hinterfragen. Wenn man nämlich den Alltag betrachtet, hat man Menschen die in Alltagskleidung zwar auch einem gewissen gemeinsamen Nenner folgen, jedoch wenigstens zwangloser ihren Körper hüllen. Denn seinen wir mal ganz ehrlich. Einen Zweck erfüllt die Krawatte, auch Kulturstrick (sic!) wirklich nicht. Man könnte höchstens einen missliebigen Aufsichtsrat daran durch Bürofluren oder einen nervigen Abgeordneten durch das Parlament schleppen.

Dieser Artikel soll jedoch keine Anzugschelte sein, sondern lediglich für eine demokratische Ansicht der Kleidungskultur sein. Es gibt Personen die sich einfach gerne in Schale schmeißen und darin schier leben. Barney aus "How I Met Your Mother" ist hier ein schönes, überspitztes Beispiel aus der Popkultur. Ohne seine Rüstung bestehend aus Maßanzug, Schlips und Kragen ist diese Figur wie Samson nach seinem biblischen Frisörbesuch im Salon Delila: Machtlos.

Doch nicht jeder fühlt sich in dieser Montur pudel wohl. Es gibt scharenweise Menschen in Banken oder hohen Ämtern, welche im Sommer etwa den Zwangszwirn verfluchen und lieber in lockerer Jeans, von selbstverständlich ordentlicher Art, und einem legeren Hemd ihren Dienst tun würden. Die Qualität der Arbeit selbst wäre jedenfalls gleich. Vielleicht sogar besser, da sich der jeweilige Mensch nicht ständig durch unbequeme Kleidung abgelenkt fühlt. Nicht ohne Grund hat sich ein "Casual Friday" in der Wirtschaft als moderne Tradition der Auflockerung durchgesetzt.

Auch in Bereichen die dem Kundendienst gewidmet sind, die Repräsentation des Unternehmens gefragt ist, wird der Anzug gern zur ehernen Pflicht. In der Politik kann man diese Logik natürlich auch sehen. Man repräsentiert eine Partei, ein Parlament, eine Nation. Daher hat man bitte ordentlich daherzukommen. Eine Dusche, Deo und gebürstetes Haar und die eventuelle Rasur reichen da als Grundvoraussetzungen mittels Körperpflege nicht aus. Warum? Es handelt sich hier um ein Verkleidungspiel der dezenten Art. Wer das Kostüm trägt, wird der jeweiligen Rolle deutlicher zugeordnet und soll diese dadurch auch besser spielen. Menschen denken, vor allem wenn diese alt eingesessen sind, gerne in Schemata. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.

Doch genau diese Rollenzuteilung trägt so manches Manko mit sich. Es wird aus einer einst gut gemeinten Präsentationsart ("Wer redlich und ehrlich ist, kleidet sich wohl auch gut.") auch ein Kasperletheater. Man schaue sich doch nur auf der aktuellen Weltbühne (sic!) um: Die Betroffenen giften einem flüchtigen Australier hinterher, der dessen gut gesicherten Fassaden entfernt hat. Meiner Meinung nach könnten die enttarnten Damen und Herren die Anzüge gleich durch Roben beleidigter Patrizier ersetzen. Das wäre zumindest der Ehrlichkeit sehr zuträglich.

Von der anderen Seite haben wir Menschen, die etwas ändern möchten. Zu diesen Menschen die auch der Enttarnung durch den Australier helfen, gehören auch die Piraten. Durch dieses Cablegate rückt die internationale Piratenbewegung immer mehr ins globale Scheinwerferlicht. Was für Menschen sind das? Auch Normalbürger werden nun sicherlich mehr von den Piratenparteien mitbekommen als in den letzten Monaten.

Wie diese Menschen aussehen, das ist nun auch ein schönes Gegengewicht zur etablierten, politischen Schicht. Es gibt unter uns so manchen Menschen die der oben bereits beschriebenen Barney-Gattung angehören. Auch Mr. Assange tritt gerne mal sehr elegant gelkleidet aus seiner jeweiligen Bleibe heraus. Doch sind Piraten auch bekannt für modische Spirenzchen bekannt: Im vereinigten Königreich wurde es auf Anfrage ausdrücklich genehmigt, dass Kandidaten und Unterstützer der Pirate Party UK doch im Piratenoutfit zur Urne schreiten, jedoch seien Insignien der Partei selbst nicht gestattet. Papageien, Augenklappen oder Dreispitze waren jedoch kein Problem. Und genau hier wären wir mitten im Thema angekommen. Piraten verstehen sich als Demokraten die auch hin und wieder mal Kapriolen schlagen in ihrer Selbstdarstellung. Auch ich habe erheblichen Spaß daran symbolisch aufgeladene Albernheiten am Körper zu tragen. Das Warum steht oben.

Was bereits unter einigen Spezialistenpiraten unausgesprochen als Klamottenkonsens gilt, sollte vielen hiermit bewusst gemacht werden: Um ernst genommen werden, bedarf es nicht zwangsweise eines "seriösen" Outfits. Hin und wieder sollte man durch gut überlegte Verkleidungsaktionen oder einfach Vergackeierung Flagge gegen uniformierte Idioten im guten Zwirn zeigen. Ansonsten sollte man einfach Seife verwenden und sich die Haare pflegen. Ein schönes, liebevoll ausgesuchtes Outfit sagt mehr als jede Banker- oder Parlamentariertracht von der Stange. Dies können die wohl gepflegten Lieblingsjeans zum Nerdshirt sein oder auch ein ironisch getragener Anzug zur Krawatte in Orange sein oder auch ein exorbitantes Fashionpiratenoutfit mit Federn, Aluhut und Brimborium sein. Etwas Fingerspitzengefühl für den Anlass noch dabei und das Zeichen gegen undemokratische Kleiderordnungen ist gesetzt. Undemokratisch? Klar! Ein guter Anzug kostet ja schließlich viel Geld. Das kann sich auch nicht jeder leisten (und nicht jeder möchte Diesen tragen)...   



* Zwischenruf, gerichtet an Bundestagsvizepräsident Richard Stücklen, nachdem dieser den Abgeordneten Jürgen Reents ausgeschlossen hatte, weil er Helmut Kohl als "von Flick freigekauft" bezeichnet hatte, 18. Oktober 1984; zitiert nach Sybille Krause-Burger: "Joschka Fischer. Der Marsch durch die Illusionen." (Wikiquote: Joschka Fischer)

Der Untendruntermann

Schleier lüften, das Allerheiligste belichten,
dafür lebt der Untendruntermann.
Von Untendrunter kommt er her,
Untentdrunter will er sehen.
Was Untendrunter ist im Licht herrichten.

Die Gendarme wurden alarmiert,
Zwei Damen hatten attestiert
Die Ehr gebrochen, doch in welchem Maß?
Durch Gewalt oder nur ein schnöder Streit?

Doch jede Klag ist den Großen recht,
denn nun können sie sehr laut und gerecht
ihr Untendrunter, nun beleuchtet
rächen und die Angst gar schüren.

Die Pfade zum hellen Sakrosanktum
nun verwischt und unsichtbar.
Sodass der einfache Wanderer nichts mehr findet.
Man hofft das dieser woandershin verrschwindet.

Doch recken schon die nativen Wilden
ihre Spiegel in den Himmel.
Gar tausend sind es schon geworden.
Um den Weg zu weisen, zu den verschwiegenen Gefilden.

Doch der Mann von Untendrunter
spricht vom Versteck tief drunter
in das helle Licht hinein.
Doch wird dieser Untendrunter bleiben.

Der Untendruntermann gar katalytisch
der Welt die heiligen Fratzen gezeigt.
Er hofft auf Bürger, nunmehr kritisch,
sehen wie die Macht es nun vergeigt.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Zweites Update zu EINSLIVE

Heute Morgen wurde ich von deren Twitteraccount mit folgendem Text angezwitschert:
@forschungstorte @unimatrix__zero @drk815 Wir berichten heute in #1LIVE mit Terhoeven und dem Dietz (14-18) über den #jmstv
Das ist zwar eine knappe, aber positive Reaktion. Entweder hatten die Leute beim Sender sehr schnell gemerkt wie sauer wir hier im Netz bereits schon über die Grünen sind und sowieso was geplant, oder unsere Aktion war ganz vielleicht der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte in deren Redaktion. Ob noch ein Statement dazu kommt, das bezweifle ich. Allerdings ist es sehr löblich, dass zur besten, bürotauglichen Sendezeit ein Bericht über das Monstrum Jugendmedienschutz Staatsvertrag gesendet wird.