Montag, 26. Juli 2010
Die gute, alte Jugendschelte - jetzt auch ganz pietätslos erhältlich
Das eigentliche Thema meines heutigen Blogposts ist die sehr pietätslose Jugendschelte von einer gewissen Ex-Nachrichtensprecherin, die heutzutage am rechten Rand ihr Dasein fristet. Allerdings ist das allzu menschliche schelten junger Leute hier ziemlich am guten Ton vorbeigeschnellt. Wo der gute, alte Sokrates noch schrullig daherschrieb, ist die digitale Feder dieser Frau beißend und schmerzhaft für den aufgeklärten Menschen.
Die üblichen Phrasen zur Zügellosigkeit der Jugend und deren ach so schrecklichen Kultur, ergo Musik und Gebaren, waren wie erwartet zu finden. Jedoch ist eine solche Jugendschelte auf Kosten der Opfer und deren Angehörigen nicht mehr die eleganteste Art mit diesem Thema umzugehen. Das ist für mich die Spitze der Unverschämtheit nach Sprüchen wie "die hätten sich an die Regeln halten müssen". Wer nach dem Totalversagen der erwachsenen, arrivierten Veranstalter und Förderer dieser Veranstaltung solche Phrasen von sich gibt, hat noch nicht kapiert, dass hier Menschen ihr Leben lassen mussten.
Das schlimmste ist, diese Katastrophe auch noch für eine religiöse Sermone und der Selbstdarstellung auszunutzen. Denn wenn wir schon auf der religiösen Schiene reiten wollen, dann sollte man sich auch christlich verhalten. Das fängt bei Nächstenliebe und Vergebung an und reicht bis zur Bescheidenheit. Die Ex-Nachrichtensprecherin wiederum zeigt meines Erachtens nach nicht wirklich diese Eigenschaften. Diese badet in ihrem Text vielmehr in der Wut und Rachsucht eines alt-testamentarischen Gottes und gleichzeitig in ihrem eigenen verglimmenden Ruhm alter Tage.
Die von ihr nachgereichte Schrift, eine Erklärung zu ihres ersten Ergusses, ist beispielsweise mit einem riesigen Bild ihrer Selbst geziert. So eine Darstellung zu einem solch ernsten Thema ist in meinen Augen nichts anderes als die Mutter aller Todsünden, ja ich werde mal ganz katholisch: die Superbia (dt.: Hochmut). Wer der Superbia zum Opfer fällt, der hat vor allem nach erzkatholischem, mittelalterlichem Gedankengut gleich ein Express-Ticket in die Hölle für sich reserviert.
Wer mittelalterlich denkt, der sollte auch sich nach mittelalterlichen Maßstäben messen lassen. Finde ich zumindest. Auch als Agnostiker. Schließlich soll das Weltbild abgerundet und in sich schlüssig sein.
Ich würde gerne schreiben: "Leute, nehmt diese Frau bitte nicht ernst!", jedoch ist der Zeitpunkt und die Form dieser Jugendschelte jenseits jeglichen menschlichen Mitgefühls im christlichen Gewande, dass man vor diesem Gedankengut warnen muss. Denn christlich sieht für mich entschieden anders aus.
Montag, 19. Juli 2010
Geekige Membrause für den Insid0r
Normalerweise halte ich von Werbung und umtriebigen Marketingstrategien nicht sehr viel. Meistens gekünstelt, die Produkte interessieren doch eh keinen und sind schlecht durchdacht. So bleibt dem Hersteller nichts anderes Übrig, als eine Armee von Aufschwatzern jeglicher Couleur zu engagieren. Mit etwas Biss und Glück klappt es dann, das Produkt an den Menschen zu bringen.
Aber, hey! Ich glaube hier ist was ziemlich interessantes passiert:
Wie kennen wir es denn aus den bereits genannten 80ern beispielsweise, als Nerds, Geeks und Computerfreaks nicht gerade als die geschmacklichen Superhelden galten? Dicke Brillen, Muttergekaufte Ober- und Unterbekleidung, schlechte Haut, wenig soziale Kompetenz und vor allem alles andere als Trendy. Durch die anhaltende Technisierung der Welt, werden auch die Masterminds dieser immer gesellschaftlich wichtiger und dadurch auch zum Objekt der Bewunderung. Aber Zeiten ändern sich.
Während also der junge Trendy in Berlin grad die Mate wie ein neues Accessoire mit sich herumschleppt, hat die Geekwelt schon längst was neues in Petto für seine Kollegschaft: Die 1337Mate macht sich für den Insider der Netzkultur natürlich viel besser. Das schwarze Label mit ASCII-Art Zier und Markenlogo in Terminalgreen und dazu auch noch viel Mem-Symbolik (nebst den eher bekannteren ASCII-Darstellungen von Classic-Games) sind für Eingefleischte Internetter ein Insidervergnügen ohne Ende.
Als dann die abgefüllte Brause angekündigt wurde, wurde ich dann doch sehr gespannt. Zur Einführung wurden 23 Menschen dann als Probetrinker online selektiert. Via Twitter konnte man sich durch Nutzung eines vordefinierten Hashtags bewerben. Bei mir klappte es. Letzten Freitag war es dann soweit. Der DHL-Mann schaffte es sogar vor meinem Friseurtermin aufzuschlagen, sodass ich meinem Haarkünstler auch noch eine Flasche mitbringen konnte.
Zum Unboxing habe ich natürlich auch einige Bilder gemacht, die ich euch hier nicht vorenthalten möchte:
Die schöne, schwarze Verpackung. Herrliches Styling. Da hat sich jemand mit einer Dose Baumarktspray wirklich Mühe gegeben. Gefällt.
Die Box wurde geöffnet, es sind 10 Flaschen an der Zahl gewesen, toll zum Verteilen. Die Begrüssung in Form eines Flyers ist selbstverständlich im CI gehalten. Es macht Spass so ein Paket zu öffnen. Es sind auch einige Sticker beigelegt, die ich bereits fröhlich verteile.
Das Shirt macht einen sehr nerdigen/geekigen Eindruck. Gefällt. Wird auf jeden Fall oft getragen. Dankesehr!
Die Aktion erinnert mich an die Musik-Guerilla the KLF (auch als the Jams bekannt). Es wird ein bekanntes, beliebtes Element einer ausgesuchten Zielgruppe gewählt und mit anderen, für die Zielgruppe relevanten Symbolen, Memen und Eigenschaften geremixed und rausgehauen. 1337Mate ist somit ein Getränke-Mem Mix der Sonderklasse. Es wird strikt das schwarz/grüne (nicht politisch!) oldschool-Terminaldesign durchgezogen. Das Thema Retrogames wird mittels ASCII-Grafiken kommuniziert, hinzu kommt Zahlensymbolik (23 Tester, 42 Shirts, die auch bestellt werden können) und hie und da ein Internet-Mem wie >9000 und so weiter... Herrlich! Ich bitte um mehr solcher unterhaltsamer Produkte.
Montag, 5. Juli 2010
Von Kindern, Rauchern und Brettern vorm Kopf
Gerade hat Bayern sich per Volksentscheid für ein striktes Rauchverbot in der Gastronomie ausgesprochen. Schön, mag man sagen. Dann werden die Nichtraucher weniger vom Qualm belästigt und die Raucher können es sich mal endlich abgewöhnen, diese Selbstvergiftung.
Halt.
Was hier geschieht ist eine Bevormundung. Genauso wie Prohibitionen gegen Alkohol und andere Geschichten dieser Art. Erwachsene Menschen sollten die Wahl haben das zu tun, was ihnen in den Sinn kommt. Solange kein Anderer dabei zu Schaden kommt oder durch Belästigungen beeinträchtigt wird. Das Zauberwort heisst Rücksicht und kluge Regelungen für ein sinnvolles Zusammenleben zu schaffen. Ein plakatives Beispiel für erfolgreiche Planung und Rücksichtsnahme ist im Londoner U-Bahn System zu finden. Jeder kennt die dort geltende Rolltreppenordnung. Wer gemütlich fahren möchte, steht rechts, die Eiligen hasten links unbeirrt vorbei. Keiner motzt, meckert oder hat sonstige Beanstandungen. Jeder ist zufrieden in seinem Bereich. (Leider hat man das in Deutschland nicht flächendeckend kapiert, was für mich ein Zeichen der fehlenden Weitsicht darstellt.)
Auch bei Angelegenheiten des Rauchens in Kneipen, Bars oder Restaurants: Wenn jede Gruppe sein Lokal hat, welches er zur Befriedigung seiner Bedürfnisse unbehindert aufsuchen kann, ist doch alles in Ordnung. Die Raucher, samt rauchende Bedienungen bekommen entsprechende Lokalitäten, Nichtraucher können in Nichtrauchergastronomien sich ungestört aufhalten und sich freuen. Wo liegt da das Problem? Ich kenne sogar einige (militante) Nichtraucher, die diese sehr einschneidende Regelung in Bayern stark kritisieren. Der Tenor lautet: "Manchmal bin ich halt mit Rauchern unterwegs und bin genervt wenn wegen Verboten das Gespräch, die Stimmung, der Abend wegen Raucherpausen vor der Tür unterbrochen werden. Dann ertrage ich lieber für einen geselligen Abend einmal etwas Qualm, als das bürokratische Regelungen meinen Kneipenabend beeinträchtigen."
Hier geht es um Rücksicht und gute Organisation, die von beiden Seiten aus durchaus einfach und sinnvoll kultiviert werden kann. Wir haben hier in NRW ja die Raucherclubs, die sicherlich auch nicht Bedienungen anstellen welche Rauch abgrundtief hassen. Wenn dies doch der Fall sein sollte, dann könnte man doch für betroffene Angestellte Börsen einrichten, in denen Arbeitsplätze getauscht werden. Denn sicherlich gibt es auch Raucherkellner die in einem Nichtraucherlokal gerne mal zwischendurch eine qualmen würden. Kreativität, Vernetzung, Austausch und einfach REDEN. So wird einem geholfen. Autoritäre Gesetzgebung, auch wenn durch einen Volksentscheid herbeigeführt, sind nicht zufriedenstellend. (Von der geringen Wahlbeteiligung einmal abgesehen - wie repräsentativ ist das denn?)
Eltern und Kinderlose können auch mitunter zwei aneinander prallende Fronten bilden: Zur Zeit tobt in Hamburg ein Kleinkrieg um eine Kindertagesstätte in einer Villengegend. Die Diskussion finde ich teilweise befremdlich. Denn es wird hier und dort rumgebasht, der Lärm wäre unerträglich, die Parkplatzsituation wird angeprangert. Okay, hier wird eine Ist-Situation zum Zankapfel. ABER wenn sich gesamtgesellschaftlich die Hirne über den Tellerrand wagen würden, könnte man einige sehr sozial verträgliche Lösungen finden, die jeden zufrieden stellen könnten.
Ich war lange Jahre ein Mensch der Kinderlärm so schlimm Wie Baustellenlärm wahrnahm. Mittlerweile bin ich da etwas toleranter geworden. Allerdings ist der Lärmpegel eines Kindergartens nicht unerheblich. Gesetzgebungen bezüglich einer verordneten Toleranz von kinderlosen Mitbürgern bringt hier rein gar nichts, außer mehr Unmut und auch teilweise gesundheitliche Beeinträchtigungen. Denn Lärm macht krank. Egal welcher. Das Deutschland ein Land der alten Menschen ist, das kann man nicht von der Hand weisen. Nachwuchs ist ein sehr dringendes Thema, welches nicht einfach aus Lärmschutzgründen vom Tisch gewischt werden sollte, weil Villenbewohner ihre Ruhe nicht einbüßen möchten. Andererseits wäre eine kluge Städteplanung hier die besser Lösung als von Menschen einfach "mehr Toleranz" abzuverlangen. Denn wenn Leute mit verschiedenen Bedürfnissen aneinander prallen - gibt's eigentlich fast immer Streitereien auf verschiedenen Ebenen. So ist es einfach. Da helfen keine Postulate.
Also könnte man doch vielmehr hingehen und explizit familienfreundliche Wohngegenden anbieten, die Familien mit Kindern anlocken und dort ein angenehmes Biotop zum störungsfreien Alltag mit Kindern erleichtert. Gesetzliche Regelungen halte ich hier für unangebracht. Vielmehr sollte durch die Schaffung von angepasster Infrastruktur den Familien die Möglichkeit bieten, sich in einer Wohngegend niederzulassen in denen alles auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Andererseits haben auch Menschen ohne Kinder das Recht auf ihre wohlverdiente Ruhe. Das ist genauso Fakt. Kinderlärm kann sehr heftig auf die Nerven schlagen und die Lebensqualität versauen. Daher kann es nebst Familiengegenden auch Wohngebiete geben, welche auf die Wünsche und Notwendigkeiten einer ruhigen Wohngegend zugeschnitten werden. Ohne Kitas, (Grund-)Schulen und Spielplatzen.
Es könnte dann wenn es sich um ältere Menschen handelt mehr Angebote für Diese geben, oder in Studentenvierteln entsprechend gestaltet werden.
Dafür andere Möglichkeiten angeboten bekommen die ihren Freizeitaktivitäten förderlich sind. Und das sollte nicht nur für Luxusclientel gelten. Auch junge Studenten und kinderlose Berufseinsteiger wollen in ihrer Freizeit nicht ständig von Kinderlärm belästigt werden.
Eine solche städtebauliche Planung könne auch die Verwirklichung von entsprechenden Projekten entgegen kommen. Familienviertel könnten Gastronomen und Geschäftsleute anlocken, die sich auf die Bewirtung von Familien mit Kindern spezialisieren und somit eine glückliche Zielgruppe antreffen. (Rauchen wäre ganz richtig verboten.) Freizeitangebote werden Maßgeschneidert realisiert. Der Zufriedenheit würde dies sehr zu Gute kommen.
Ich selbst würde mich sehr freuen, wenn es Urlaubsangebote jenseits der Teuer-Luxus Grenze mehr für Kinderlose, Ruhebedürftige gäbe. Denn wenn ich nach harter Arbeit meinen wohlverdienten Urlaub antrete, dann erwarte ich auch urlaubsangemessene Ruhe. Das brauche ich, um hinterher erfrischt und ausgeruht zum Arbeitsplatz zurückzukehren. Da sind laut spielende Kinder einfach nicht sehr prickelnd. Ich hab mal zu dem Thema recherchiert und stieß auf wilde Diskussionen über Diskriminierung und Kinderfeindlichkeit. Naja, ist das Universaltoleranzgebot für Kinder nicht auch Diskriminierung für Ruhebedürftige?
Menschen haben in verschiedenen Lebensabschnitten nun einmal verschiedene Bedürfnisse. Diese durch entsprechende Angebote bewusst zu bedienen, das ist für mich ein besserer Lösungsansatz. Denn Kinder sind unsere Zukunft und sollten auf jeden Fall gefördert werden und angenehme Bedingungen erfahren. In entsprechenden Familiengegenden wäre dies dann auch sehr leicht zu bewerkstelligen.
Allerdings möchte ich hier schon eventuellen Einwürfen zu einer eventuellen "Ghettoisierung" entgegenwirken und betonen, dass das Angebot für bestimmte Zielgruppen nicht gleich ein "Einsperren" oder "Aussperren" darstellen sollte. Es geht mir hier mehr darum, die freie Wahl nach einer Umgebung zu fördern, um den Menschen das Zusammenleben zu erleichtern. Partielle Durchmischung durch jeweils tolerante Zwischengruppen wäre hier durchaus erwünscht.
Denn: freut sich nicht jeder ein Angebot zu finden, das genau auf seine Bedürfnisse passt und "unerfreuliche" Nebenerscheinungen ausblendet? Ich denke das ist selbstredend.
Leben und leben lassen ist denke ich immer noch, ein sehr kluger Ausspruch zu vielen Streitpunkten. Es muss nur noch, daran gekoppelt, der kategorische Imperativ dabei gelten.
Im Übrigen, wenn ich jetzt Alleinherrscher über Deutschland wäre, dann würde ich mit Vergnügen ein Kaugummiverbot erlassen, denn manche gesprenkelte Kaugummistrassen sind nicht gerade eine Augenweide. Von den ganzen "Wiederkäuern" die nicht sehr elegant daherkommen, ganz abgesehen. Der Geruch ist für mich ebenfalls nicht sehr betörend. Allerdings ist dies, obwohl es in Singapur mal so eine Gesetzgebung gab, nicht durchsetzbar. Es wäre einfach entmündigend.
Ich hoffe, einige Denkanstöße gegeben zu haben.
Nachtrag:
Bei Herrn Leibowitz gibt es einen sehr lesenswerten Beitrag zum Raucherproblem.