Dienstag, 28. Dezember 2010

Aufruf in eigener Sache

Ich sitze gerade an einer Hauptseminarsarbeit im Fach Geschichte zum Thema Informationseliten im Mittelalter und in der digitalen Gesellschaft. Hierbei interessiere ich mich für Vergleiche bezüglich der Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Urheberbegriffes und der Auffassung von Urheberschaft und damit verbundenen Rechten im Mittelalter (vor dem Buchdruck!) und in der Netzgesellschaft. Damals wie heute, wurden quasi "aus dem Bauch heraus" Mashups produziert und kulturimmanent für selbstverständlich erklärt. Ein literarisch aktiver Geistlicher konnte aus den ihm oder ihr zugänglichen Quellen Inhalte verarbeiten und zusammenfügen wie es gerade passte und für gut befunden wurde um eine Botschaft zu transportieren. Dies passiert genauso in der Netzkultur: Allerdings werden wir heute nicht selten mit rechtlichen Hürden konfrontiert, die das freie Verbreiten und Verarbeiten von bereits vorhandenen Inhalten erschwert.
Mein Augenmerk in dieser Arbeit ist auf das Schriftliche gelenkt. Bildliche Darstellungen sind nicht primärer Gegenstand meiner Arbeit.

Wer sich mit diesem Thema oder ähnlichen Fragestellungen befasst, der möge doch bitte einen entsprechenden Kommentar hinterlassen. Dies gilt auch für Menschen die Texte zum Thema kennen und auf diese verweisen können. Ich freue mich über jeden Input!


Es grüßt,

die forschungstorte

Addendum:


Es geht es mir hier explizit um das Mönchtum im Mittelalter. Gutenberg und Da Vinci (siehe 1. Kommentar der sehr klug ist) sind frühe Neuzeit und für sich sehr interessante Wegbereiter einer neuen Denkweise im Vergleich zum Mittelalter.

Das Klosterwesen als kleiner, elitärer Wissenstümpel benötigte kein Copyright oder Urheberrecht. Man verbreitet die Inhalte im Sinne des Glaubens und des Ordensauftrages möglichst die Liturgie auf dem Laufenden zu halten. Updating quasi. Die Schriften werden relativ frei zwischen Klöstern eines Ordens etwa getauscht um Abschriften zu ermöglichen. Die Autorschaft ist vorerst eine sehr zweitrangige Angelegenheit. Caritas, eine wichtige klösterliche Tugend (caring und sharing u know) ist hier sicher ein wichtiges Motiv wenn es um das Teilen von Wissen geht. Schließlich sollte das Kloster und das Kloster nebenan auch auf dem neusten Stand sein. Die Abgrenzung findet nach außen zum großen Rest der Welt statt. Die Anderen können nicht lesen, nicht schreiben und sich erst gar nicht die Pergamente welche zu Kodizes gebunden und beschriftet werden, leisten. Diese sind einzig und allein Sache der Geistlichkeit, des Klerus und des reichen Adels. (Die Letzteren können zwar nicht oft den Inhalt des Prachtklotzes entziffern, aber er bringt irre viel Renommee ins Haus!)
Erst die revolutionäre Erfindung Gutenbergs bringt das altbekannte Ständesystem auch von Seiten der Informationskultur an sich schwer ins Wanken und schließlich zum Verderben.

Ich möchte mir
1. Ansehen welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede diese sehr abgeschlossene und in Wissenstechnisch (!Wichtig:Liturgie und Wissen über den Glauben an sich!) liberal anmutende Klosterwelt sich von unserer Netzkultur mit ihrem freien Wissensaustausch etwa bestehen.

2. Wie abgeschlossen vom Rest der Welt wir wirklich sind in unserer Netzwelt und wie wir vielleicht auch oft unfreiwillig so etwas wie ein digitaler Klerus sein könnten. Denn unser Wissen wollen wir doch am liebsten mit Nachbars, Hund, Katz und Maus teilen. (Hackerethik usw...)Doch will die Welt unser Wissen? Kann diese es aufnehmen? Diese Fragen treiben mich umher.

Nur mal noch als Erläuterung zu meinem Aufruf.

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Kulturelle Register, Ausserirdische und Exzentriker

Selbstverständlichkeiten (?!) unter der Lupe

Liebe Leute,
heute durfte ich mal wieder einen Text zum Thema "Frausein" lesen. Dieser stammt J. Schramm, ist auf jeden Fall lesenswert, vor allem der erste Absatz. Mit diesem ersten Absatz kann ich was anfangen und auch Parallelen zum eigenen Wahrnehmen finden. Auch ich kenne es, in reinen Frauengruppen einfach nicht wirklich hineinzupassen. Diese teilweise sehr erschütternden Erlebnisse habe ich über die Jahre beobachtet, Menschenkenntnisse gesammelt und dann nach und nach für mich im stillen Kämmerlein analysiert.

Es ist sehr praktisch, trotz der Wut auf "Frauen" die bei Zeiten nicht selten hoch kam, einmal die altgediente Vogelperspektive einzunehmen. Der erste Knackpunkt für mich war, dass ich mich  mit der Zeit immer mehr als Mensch seltsam bis schlecht behandelt fühlte, nicht als Huhn am untersten Rang einer Hackordnung. Je mehr ich mir dann dieses Menschendaseins bewusst wurde, desto einfacher war es auch in einer Situation mit unangenehmem Damengefüge die innere, geistige Oberhand zu behalten. Wo ich als weibliches Körpervehikel angegriffen wurde, welches sich frecher weise den unausgesprochenen, subtilen Regeln nicht fügt, war der Mensch in mir der stille Beobachter. Um die Situation sehr plastisch darzustellen, ist es für eine Person wie mich in manchen Frauengruppen wie das Dasein eines Migrantenkindes mit zwei Heimatregionen. Man ist  im Land der Geburt irgendwie fremd, in der Heimat der Eltern auch nicht wirklich ein Dazugehöriger. Andererseits hat man manchmal sehr schöne Begegnungen mit Menschen die die jeweilige Region in der man grad nicht ist, sehr mögen und man daher bewusst oder unbewusst auf Dinge diesbezüglich angesprochen wird.

So geht es mir manchmal mit Männern. Ein paar mal wurde ich von Menschen mit XY Chromosomen ohne Hintergrund einer sexuellen Anbahnung auf Pornographie angesprochen. Klassische, klischeehafte Männerbastion, obwohl dies in heutigen Zeiten mehr auf einen Mythos basiert. Typische Gespräche unter Nerds zu fortgeschrittener Stunde ergaben dann auch gern mal Diskussionen zum Pornokonsum. Meist kommen solche sehr spontane Situationen mit sehr freigeistigen Hodenträgern auf, die eher mein Dasein als meine Brüsteträgerschaft beachten. Genauso werde ich nicht selten in hitzige Fussballdebatten (ich bin Freiburg und Dortmund Fan)  hineingezogen oder auch auf Tanzflächen zum Wettpogen aufgefordert. Es macht menschlich einfach Spaß diese Momente zu genießen, vor allem wenn ich zufällig einen Rock trage.

Ich wurde mir bei der Betrachtung beider Situationen in den jeweiligen Geschlechtergruppen nach und nach bewusst, dass es hier um kulturelle Register geht, die hier gezogen werden. Der Genderbegriff von Butler ist mir hier zu starr, denn es fehlt ihm für mein Empfinden einfach an Dynamik bezüglich der Anwendung. Als Denkbasis ist dieser jedoch sehr geeignet um einzusteigen.

Männliche Eigenschaften, Tätigkeiten oder Interessen, genauso wie die der weiblichen sind doch einfach gleichzusetzen mit nationalen Dingen die die jeweilige Identität stiften. Wie oft krieg ich sehr nette Männer mit, die ganz stolz aufs Rülpsen, Furzen und Biertrinken als "männliche" Identitätsmerkmale, wie ein Türke auf Atatürk. Dabei hält die Realität bezüglich dieser Identitätsregister an denen viele sehr vehement festhalten, ganz andere Dinge bereit die gern übersehen werden. Die Identität könnte ja stiften gehen. Wir sehen das doch auch in der aktuellen Integrationsdebatte. Deutsche Leitkultur hier, Parallelgesellschaften dort. Genauso ist es mit den Menschen und seinen zwei biologischen Geschlechtern die sich ganze globale Kulturen aufgebaut haben. Was Geschlechterdenke angeht, geht sicher beispielsweise jeder religiöse Fundamentalist oder Konservative (und umgekehrt) jeglicher Region auf dieser Erde mit dem Anderen eher d'accord als zu manch anderen Fragen. Da pack ich mir ganz feierlich an den Kopf. Einerseits weil mich das noch mehr ins Grübeln bringt und auch gleichzeitig immense Kurzsichtigkeit vor mir ausgebreitet liegt.

Diese Erkenntnisse konnte ich dann sehr gut nutzen um unangenehme Situationen in reinen Frauengruppen stilvoll zu meistern. Ich lernte einfach die richtigen Register zu ziehen und schon lernte ich auf diese Weise wunderbare Damen, kennen die mich schon Jahre begleiten. Ich hatte auch ein wunderbares, mehrere Staffeln anhaltendes Tutorial: Sex and the City. Wenn immer ich mehr über weibliche Sozialgefüge lernen wollte, schaute ich mal was Carrie und Co so treiben. Diese Serie ist trotz der vielen oberflächlichen Klischees eine wunderbare, ironische und meisterhaft gestaltete Darstellung der modernen Weiblichkeit. Ein Portrait sozusagen, mit liebenswerten Manierismen. So wurde dann aus mir jemand der shoppen *und* shoppen kann. Beides führt zu wunderbar schicken und/oder lustigen Ergebnissen. Sei es vor dem Spiegel in der Boutique oder am heimischen Monitor. 

Um noch einmal die Serienkultur zu bemühen, gibt es eine Figur die kulturelle Register, sei es geschlechterbezogen oder auch kulturell, gerne auch ineinander verschränkt, situationsbedingt aus dem Ärmel schütteln kann: Die Figur Dax* aus Deep Space Nine mit dem unvergleichlich weiblichen Äußeren aber den Erinnerungen und dem Wissen von Männlein und Weiblein und irrsinnig vielen kulturellen Details aus vielen Regionen und Zeitaltern. Anhand von Dax erkennt man wunderbar, wie scheinbar gebundene (lokal, geschlechtlich, altersbedingt, etc.) kulturelle Register aufgrund eines eigenen Erfahrungsschatzes über den eigenen Grenzen hinweg von ihren Ursprüngen losgelöst werden können.

Die Situation des Körpers an sich kann durch Wissen, Bildung, Erfahrung daher nicht nur lediglich im Sinne akademischer oder beruflicher Ziele erweitert werden, sondern auch das rein selbstverständliche vom Leben lernen sollte noch viel tiefer begriffen werden. Das Lernen vom Leben kann daher auch mit methodischem Denken gekoppelt viele Probleme des gesellschaftlich-kulturellen Lebens lösen. Dies ist scheinbar sicher für viele erst mal eine Selbstverständlichkeit. Vor allem wenn man an das Lernen über verschiedene Länder, verschiedene Traditionen oder auch Gewohnheiten diverser sozialer Milieus denkt. Die Gender-Theorie von Butler hat auf Geschlechter bezogen, sehr wertvolle Dienste geleistet um Geschlechterkulturen zu analysieren. Doch haben sich meinem Erachten nach einige nach dem Konsum dieser geistreichen Schriften analysierend in ihr Territorium verbissen und das jeweilig Anderen genauso zu Tode analysiert. Das darüber hinaus denken und agieren schwang schon immer mit, doch ist dies für mein subjektives Empfinden manchmal auf der Strecke geblieben.

Angewendet auf mein eigenes Leben ist dieses Dax-Prinzip wie ich es hier nun nenne, sehr aufschlussreich: Großgeworden in einem äußerst kulturell vielfältigen Haushalt als Migrantenkind in Deutschland, mit Eltern die Geschlechterklischees schlicht nicht für wichtig erachten (Wenn Mutter und Vater beide gerne heimwerkeln, an Autos schrauben, Rechner bedienen, vorzüglich kochen und den Haushalt schmeissen ist das auch kein Wunder.) bekommt man eine Fülle an kulturellen Registern in den Schoß gelegt, jedoch ohne vorherige Wertung. Man lernt lediglich den Ursprung des jeweiligen Registers. Schon als Kind bin ich mit diesen umgegangen wie mit den abertausenden von Schallplatten in der elterlichen Wohnung: Nach Lust und Laune habe ich Musik gehört, nach Lust und Laune war ich entweder "Junge" oder "Mädchen, "Prinzessin" oder "Pirat", "Engländer" oder "Deutscher". Erst die Konfrontation mit dem Rest der Welt brachte erst Ernüchterung, dann Erfahrung und schließlich die sprichwörtliche Glühbirne über dem Kopf zum leuchten.

Wir haben es einfach mit kulturellen Registern oder auch um es mit einem derzeit populären Wort zu sagen, Memen zu tun, welche zwar gerne in ihren Memplexen bleiben aber nach einem Auslauf an der frischen Luft auch mal gerne sich mit vielen anderen Memen sehr dynamisch gruppieren können. Das Internet, für mich das größte Weltwunder unserer Zeit, vielleicht aller Zeiten, ist ein ein anschauliches Beispiel für memetische Migration und Durchmischung. Das ist auch das Geheimnis guter Diplomatie, welche nicht darauf angewiesen ist in eigenen Kabelbiotopen verschiedener Staaten rumzudümpeln, um sowieso an die Öffentlichkeit gerissen zu werden. Wissen ist Menschlichkeit. Ich bin ein Mensch und ich will jeden Tag mehr erfahren und lernen. Daher ist mir das Korsett eines weiblichen, deutschen, englischen oder europäischen Memplexes einfach zu beschränkt.


*Dax ist ein fiktiver Symbiont, welcher in verschiedenen Wirtskörpern lebt und somit diese auch überlebt. Die Erinnerungen der jeweiligen Wirte werden übertragen und diese profitieren von dem erweiterten Wissen und Erfahrungen die ihnen fast per "Download" nach dem Einsetzen des Symbionten einverleibt werden. Mehr dazu hier.

Montag, 6. Dezember 2010

Von Narren im feinen Zwirn und ehrlichen Menschen im Narrenhäs

Das Kleider Leute machen, ist doch eine weitverbreitete Plattitüde.
Wer sich ordentlich kleidet, den kann man ernst nehmen, dieser stellt was dar.
Ein Mensch, der sich in Schlabbertracht zeigt, hat wohl nicht immer gute Karte in gewissen Gefilden. Es ist zwar nicht mehr ganz so strikt wie vor 50 Jahren etwa, doch ist gerade für Blender ein feines Äußeres eine beliebte Tarnkappe, gepaart mit einem charmanten Gebaren.

Dieses Thema "Kleider machen Leute" beschäftigt mich spätestens seitdem ich mich als Pirat näher mit dem politischen Zirkus auseinander setze. Als Nerd mit Hang zur Exzentrik wird man ach zu schnell in die Narrenecke gesteckt. Der Mensch im feinen Anzug wird dagegen vielleicht bei Lobbyisten ganz narrisch und schwach, kommt aber weiter als ein Mensch der zwar sauber gekleidet und gewaschen ist aber sein eigenes Wesen ehrlich präsentiert.

Von Biotopen wie der Kreativwelt oder modernisierten Arbeitswelten, ist es doch sonnenklar, dass gerade in der Politik das vermeintlich Seriöse in Krawatte und Anzug oder Kostümchen die einzig anerkannte textile Visitenkarte sind. Auch ein einst in Turnschuhen vereidigter Landesminister  Joschka Fischer beendete seine beachtliche politische Laufbahn im Anzug vom Maßschneider. (Der Passende Beruf in der Wirtschaft als Berater folge sobald.)

Was lernen wir aus dieser Beobachtung? Ich jedenfalls nehme einen Joschka Fischer in Turnschuhen viel ernster als den scheidenden Staatsmann mit Beratervertrag in der Tasche. Der Erstere ist ein Mensch der ein ernstes Anliegen in die Hochpolitik hineinträgt und sich auch noch durch unwirsches Benehmen Gehör verschafft: "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch."* Das ist zwar sicherlich nicht ein Beleg für gute Kinderstube, aber gelackt ist das auch nicht. Jetzt mag man argumentieren, dass so manche Erzkonservative Polterbarden wie Strauß etwa genauso ungehobelt daherkamen, jedoch ergibt sich für mich in Verbindung mit dem modischen Bruch Fischers ein ganz eigenes Bild: Hier gibt es einen Politiker der ganz er selbst ist.

Das ist auch eine sehr demokratische Grundhaltung. Denn Anzug und Krawatte waren und sind noch Zeichen der Angepasstheit an ein Gedankenkonstrukt namens Establishment. Dies ist eine wie auch immer geartete Elite, welche von ihren Mitgliedern und Anwärtern einen Verhaltenscode abverlangt. Diese Normierung ist meiner Meinung nach zu hinterfragen. Wenn man nämlich den Alltag betrachtet, hat man Menschen die in Alltagskleidung zwar auch einem gewissen gemeinsamen Nenner folgen, jedoch wenigstens zwangloser ihren Körper hüllen. Denn seinen wir mal ganz ehrlich. Einen Zweck erfüllt die Krawatte, auch Kulturstrick (sic!) wirklich nicht. Man könnte höchstens einen missliebigen Aufsichtsrat daran durch Bürofluren oder einen nervigen Abgeordneten durch das Parlament schleppen.

Dieser Artikel soll jedoch keine Anzugschelte sein, sondern lediglich für eine demokratische Ansicht der Kleidungskultur sein. Es gibt Personen die sich einfach gerne in Schale schmeißen und darin schier leben. Barney aus "How I Met Your Mother" ist hier ein schönes, überspitztes Beispiel aus der Popkultur. Ohne seine Rüstung bestehend aus Maßanzug, Schlips und Kragen ist diese Figur wie Samson nach seinem biblischen Frisörbesuch im Salon Delila: Machtlos.

Doch nicht jeder fühlt sich in dieser Montur pudel wohl. Es gibt scharenweise Menschen in Banken oder hohen Ämtern, welche im Sommer etwa den Zwangszwirn verfluchen und lieber in lockerer Jeans, von selbstverständlich ordentlicher Art, und einem legeren Hemd ihren Dienst tun würden. Die Qualität der Arbeit selbst wäre jedenfalls gleich. Vielleicht sogar besser, da sich der jeweilige Mensch nicht ständig durch unbequeme Kleidung abgelenkt fühlt. Nicht ohne Grund hat sich ein "Casual Friday" in der Wirtschaft als moderne Tradition der Auflockerung durchgesetzt.

Auch in Bereichen die dem Kundendienst gewidmet sind, die Repräsentation des Unternehmens gefragt ist, wird der Anzug gern zur ehernen Pflicht. In der Politik kann man diese Logik natürlich auch sehen. Man repräsentiert eine Partei, ein Parlament, eine Nation. Daher hat man bitte ordentlich daherzukommen. Eine Dusche, Deo und gebürstetes Haar und die eventuelle Rasur reichen da als Grundvoraussetzungen mittels Körperpflege nicht aus. Warum? Es handelt sich hier um ein Verkleidungspiel der dezenten Art. Wer das Kostüm trägt, wird der jeweiligen Rolle deutlicher zugeordnet und soll diese dadurch auch besser spielen. Menschen denken, vor allem wenn diese alt eingesessen sind, gerne in Schemata. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.

Doch genau diese Rollenzuteilung trägt so manches Manko mit sich. Es wird aus einer einst gut gemeinten Präsentationsart ("Wer redlich und ehrlich ist, kleidet sich wohl auch gut.") auch ein Kasperletheater. Man schaue sich doch nur auf der aktuellen Weltbühne (sic!) um: Die Betroffenen giften einem flüchtigen Australier hinterher, der dessen gut gesicherten Fassaden entfernt hat. Meiner Meinung nach könnten die enttarnten Damen und Herren die Anzüge gleich durch Roben beleidigter Patrizier ersetzen. Das wäre zumindest der Ehrlichkeit sehr zuträglich.

Von der anderen Seite haben wir Menschen, die etwas ändern möchten. Zu diesen Menschen die auch der Enttarnung durch den Australier helfen, gehören auch die Piraten. Durch dieses Cablegate rückt die internationale Piratenbewegung immer mehr ins globale Scheinwerferlicht. Was für Menschen sind das? Auch Normalbürger werden nun sicherlich mehr von den Piratenparteien mitbekommen als in den letzten Monaten.

Wie diese Menschen aussehen, das ist nun auch ein schönes Gegengewicht zur etablierten, politischen Schicht. Es gibt unter uns so manchen Menschen die der oben bereits beschriebenen Barney-Gattung angehören. Auch Mr. Assange tritt gerne mal sehr elegant gelkleidet aus seiner jeweiligen Bleibe heraus. Doch sind Piraten auch bekannt für modische Spirenzchen bekannt: Im vereinigten Königreich wurde es auf Anfrage ausdrücklich genehmigt, dass Kandidaten und Unterstützer der Pirate Party UK doch im Piratenoutfit zur Urne schreiten, jedoch seien Insignien der Partei selbst nicht gestattet. Papageien, Augenklappen oder Dreispitze waren jedoch kein Problem. Und genau hier wären wir mitten im Thema angekommen. Piraten verstehen sich als Demokraten die auch hin und wieder mal Kapriolen schlagen in ihrer Selbstdarstellung. Auch ich habe erheblichen Spaß daran symbolisch aufgeladene Albernheiten am Körper zu tragen. Das Warum steht oben.

Was bereits unter einigen Spezialistenpiraten unausgesprochen als Klamottenkonsens gilt, sollte vielen hiermit bewusst gemacht werden: Um ernst genommen werden, bedarf es nicht zwangsweise eines "seriösen" Outfits. Hin und wieder sollte man durch gut überlegte Verkleidungsaktionen oder einfach Vergackeierung Flagge gegen uniformierte Idioten im guten Zwirn zeigen. Ansonsten sollte man einfach Seife verwenden und sich die Haare pflegen. Ein schönes, liebevoll ausgesuchtes Outfit sagt mehr als jede Banker- oder Parlamentariertracht von der Stange. Dies können die wohl gepflegten Lieblingsjeans zum Nerdshirt sein oder auch ein ironisch getragener Anzug zur Krawatte in Orange sein oder auch ein exorbitantes Fashionpiratenoutfit mit Federn, Aluhut und Brimborium sein. Etwas Fingerspitzengefühl für den Anlass noch dabei und das Zeichen gegen undemokratische Kleiderordnungen ist gesetzt. Undemokratisch? Klar! Ein guter Anzug kostet ja schließlich viel Geld. Das kann sich auch nicht jeder leisten (und nicht jeder möchte Diesen tragen)...   



* Zwischenruf, gerichtet an Bundestagsvizepräsident Richard Stücklen, nachdem dieser den Abgeordneten Jürgen Reents ausgeschlossen hatte, weil er Helmut Kohl als "von Flick freigekauft" bezeichnet hatte, 18. Oktober 1984; zitiert nach Sybille Krause-Burger: "Joschka Fischer. Der Marsch durch die Illusionen." (Wikiquote: Joschka Fischer)

Der Untendruntermann

Schleier lüften, das Allerheiligste belichten,
dafür lebt der Untendruntermann.
Von Untendrunter kommt er her,
Untentdrunter will er sehen.
Was Untendrunter ist im Licht herrichten.

Die Gendarme wurden alarmiert,
Zwei Damen hatten attestiert
Die Ehr gebrochen, doch in welchem Maß?
Durch Gewalt oder nur ein schnöder Streit?

Doch jede Klag ist den Großen recht,
denn nun können sie sehr laut und gerecht
ihr Untendrunter, nun beleuchtet
rächen und die Angst gar schüren.

Die Pfade zum hellen Sakrosanktum
nun verwischt und unsichtbar.
Sodass der einfache Wanderer nichts mehr findet.
Man hofft das dieser woandershin verrschwindet.

Doch recken schon die nativen Wilden
ihre Spiegel in den Himmel.
Gar tausend sind es schon geworden.
Um den Weg zu weisen, zu den verschwiegenen Gefilden.

Doch der Mann von Untendrunter
spricht vom Versteck tief drunter
in das helle Licht hinein.
Doch wird dieser Untendrunter bleiben.

Der Untendruntermann gar katalytisch
der Welt die heiligen Fratzen gezeigt.
Er hofft auf Bürger, nunmehr kritisch,
sehen wie die Macht es nun vergeigt.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Zweites Update zu EINSLIVE

Heute Morgen wurde ich von deren Twitteraccount mit folgendem Text angezwitschert:
@forschungstorte @unimatrix__zero @drk815 Wir berichten heute in #1LIVE mit Terhoeven und dem Dietz (14-18) über den #jmstv
Das ist zwar eine knappe, aber positive Reaktion. Entweder hatten die Leute beim Sender sehr schnell gemerkt wie sauer wir hier im Netz bereits schon über die Grünen sind und sowieso was geplant, oder unsere Aktion war ganz vielleicht der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte in deren Redaktion. Ob noch ein Statement dazu kommt, das bezweifle ich. Allerdings ist es sehr löblich, dass zur besten, bürotauglichen Sendezeit ein Bericht über das Monstrum Jugendmedienschutz Staatsvertrag gesendet wird.

Dienstag, 30. November 2010

Erste, automatisierte Antwort von EINSLIVE (WDR)

Okay, es ist eine automatisierte Antwort, eine Weiterleitung und schnellstmögliche Antwort werden versprochen.

Wir dürfen gespannt sein.

Hier der Wortlaut der Mail:

Dies ist eine automatisch generierte Antwort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für ihre Nachricht. Ihre Mail wird im Auftrag der Internetredaktion an die entsprechende Stelle im Hause weitergeleitet und so schnell wie möglich bearbeitet.

Mit freundlichen Grüssen

WDR Telefonzentrale
Tel.: 0221 220-0
Fax: 0221 220-4800
E-Mail: redaktion@wdr.de

Mail an Einlive (WDR) zum Jugendmedienschutz Staatsvertrag

Via Twitter wurde ich auf einen aktuellen Blogpost von Unimatrix Zero aufmerksam gemacht. Dieser schrieb der in NRW sehr beliebten WDR Sendeanstalt Einslive eine Mail bezüglich des Jugendmedienschutz Staatsvertrages. Die Antwort ist eine einzige Platitüde mit Servicefloskeln und Vertröstungen. Dies ist sehr schade.

Aus diesem Anlass heraus, habe ich den Text von Unimatrix Zero etwas abgewandelt und auch an die Sendeanstalt Einslive versendet:

Hallo Einslive!

Ihr seid jung und hip. Weshalb berichtet ihr über 25
Jahre Windows wo dann nur “Windosen Spezialisten” anrufen?  Doch der
Jugendmedienschutz Staatvertrag, ein sehr ernstes Thema, bleibt unerwähnt. Lest doch mal bei YuccaTree oder Netzpolitik
nach. Dort findet ihr alle Infos zum Thema. Ausserdem rüsten deutsche Blogger bereits zum Gegenschlag:
http://www.politiker-stopp.de/jmstv.html#
Auf der Seite http://www.politiker-stopp.de/jmstv.html gibt es einen Script, den man auf seiner Seite einbaut um schonmal vorab zu demonstrieren welch
ein Unfug in Zukunft dem Internet in Deutschland droht.

Technische Infos bietet die Piratenpartei NRW zu diesem Thema:
http://www.achim-mueller.org/images/jmstv_piraten.pdf

Ich denke, dass genügend netzaffine Menschen eurem Programm zuhören
die zwar bloggen oder Homepages betreiben aber von dem Staatsvertrag noch
nie gehört haben. Oder ist es euch lieber dann darüber zu berichten wenn
der erste auf 50.000€ verklagt wird?

Zusätzlich möchte ich betonen, dass ich keine Standardantwort mit "leider" und "wir tun unser bestes" hierauf erhalten möchte. Ich poste dieses Schreiben in meinen Blog

Fluch der Republik und werde auch die hoffentlich weiterführende Kommunikation mit euch dort dokumentieren. Eine Standardantwort würde daher sehr traurig aussehen.

Ich danke für euer Verständnis.
Herzliche Grüße vom Niederrhein
Elle Nerdinger
Ich hoffe nun durch diese etwas bissigeren Zeilen am Ende, eine etwas ausführlichere Antwort zu erhalten. Diese wird wie in der Mail schon erwähnt, hier natürlich gepostet. Wir dürfen gespannt sein.

P.S.: Die Mail ging auf zwei Wegen heraus an den Emfänger:
1. Via redaktion@wdr.de
2. Via Kontaktformular bei www.einlive.de (Fragen zu Einslive)

EDIT:


Macht es Unimatrix Zero und mir nach! Copy and Paste, verändern wie ihr es für richtig haltet und ab die Post. Es wäre sehr schön, wenn Einslive massiv mit Mails zueschüttet wird. Auch andere Sendeanstalten und Medien sind sicher dankbar für eure Zuschriften. 

Montag, 22. November 2010

Litanei gegen die Furcht

Frei nach Frank Herbert meine ich zur aktuellen Terrorwarnungshysterie: 

Ich habe keine Angst. Die Angst tötet das Bewustsein. Die Angst führt zu völliger Zerstörung. Ich werde ihr den Stinkefinger zeigen. Sie soll mich völlig am Arsche lecken. Und wenn sie sich verkrümelt hat, wird nichts zurückbleiben. Nichts außer mir.

Das Original aus dem Wüstenplanteten lautet:


Ich darf mich nicht fürchten. Die Furcht tötet das Bewustsein. Die Furcht führt zu völliger Zerstörung. Ich werde ihr ins Gesicht sehen. Sie soll mich völlig durchdringen. Und wenn sie von mir gegangen ist, wird nichts zurückbleiben. Nichts außer mir.

"I must not fear.
Fear is the mind-killer.
Fear is the little-death that brings total obliteration.
I will face my fear.
I will permit it to pass over me and through me.
And when it has gone past I will turn the inner eye to see its path.
Where the fear has gone there will be nothing......Only I will remain."

Aus diesem Anlass möchte ich an dieser Stelle auf eine sehr sinnvolle und auch amüsante Aktion von Mario Sixtus aufmerksam machen: Wir haben keine Angst

Viel Spass und keine Panik!

Montag, 8. November 2010

Wie ein schönes Thema schöne Dinge hervorbringt

Sehr oft hatte ich mir vorgenommen, hier in diesem Blog so manche ästhetische Fails vorzustellen und zu besprechen. Von hässlichen Kirmesfesten bis hin zu sehr aufdringlicher Werbung, welche Käufer vielmehr vergrault als Geldbörsen öffnet.

Doch wo wir von Geldbörsen sprechen, möchte ich hier viel lieber ein schönes Thema hier anbringen, welches zum heutigen Petitionsausschuss zum Bedingungslosen Grundeinkommen besonders präsent ist. In Berlin gab es am Wochenende ein Fest zu diesem Thema. Die Ankündigung hierzu im Web ist einfach gelungen. Leicht, flockig und brillant durchgestylt. Das königliche Thema hat sich schon länger abgezeichnet, durch die Verwendung einer Krone im Bezug auf das bedingungslose Grundeinkommen. Die Symbolik dahinter ist sehr schön umgesetzt: Jeder ist mit dem BGE ein selbstbestimmter, souveräner Bürgerkönig unter vielen. Wie konsequent dieses Thema auf leichtfüßiger Art und Weise hier umgesetzt wurde (Ich fahr tierisch auf konsequente Gestaltung ab!) ist ein wahrer Lichtblick im derzeit bisweilen sehr drögen Gestaltungsdickicht des beginnenden 21. Jahrhunderts. Gerade politische Themen werden optisch meist entweder nüchtern, und das ist manchmal auch sehr nötig, oder einfach sehr konfus und augenfeindlich dargestellt. Für das bedingungslose Grundeinkommen empfinde ich bei der äußeren Darstellung des Themas, wie auch der Diskussion hierzu nicht nur die nötige Vehemenz und Dringlichkeit die geboten wird, sondern auch leichtfüßiges Darstellen einer Idee die in ihrer Natur selbst sehr elegant ist. Daher ist diese Eleganz dieser Einladungsseite mehr als nur passend.

Es kommt mit rokokoesquen Schnörkeln wie im Märchenbuch daher, optimistisches aber auch beruhigendes Rosa begleitet den Betrachter farblich. An keiner Stelle wirkt diese Farbe aufdringlich oder mädchenhaft, sondern dezent märchenhaft. Die leicht krummen, gezeichneten Linien, die handschriftlichen Beschreibungen auf dem Pergamentgrund in diesem Festprogramm unterstreichen das spielerische, dass sich noch eine gewisse Portion Unperfektion auch zutraut. Das Thema bedingungsloses Grundeinkommen soll doch durchdiskutiert, geplant, berechnet und schrittweise hoffentlich zur Einführung gebracht werden. 

Die Veranstaltung selbst, leider konnte ich diese aus Gründen der Entfernung nicht besuchen, ist vom Geist der Diskussion, des Lernens und des Weiterentwickelns der zentralen Idee geprägt. Kreativität, Aufbruchsstimmung und auch festlicher Optimismus sind hier die notwendige Würze um das Bild in meinen Augen auch wirklich rund werden zu lassen. Mein Eindruck ist, dass es wohl ein sehr reichhaltiges Fest des sozialen Zusammenseins und Genießens (es gab auch ein bedingungsloses, kreatives Buffet und Frühstück) und Kennenlernens war. Solche Veranstaltungen verpasse ich nur ungern, da es genügend solcher Gegebenheiten gibt, die entweder nur dröge aber wichtige Infos transportieren oder auf der Fest-Seite einfach nur Feiern ohne Hintergrund und mit viel Berauschung darstellen. Die Kombination aus sozialem Gefüge und dem gemeinsamen Lehren und gelehrt werden ist was das Hirn und den Geist so richtig in Schwingung geraten lässt. Meines zumindest.

Das Thema bedingungsloses Grundeinkommen ist viel zu wertvoll und wichtig um es mit schlechter Gestaltung und Veranstaltungen hierzu verkommen lassen sollte. Denn nur durch die geistige Weiterentwicklung in einem angenehmen und beflügelnden Rahmen kann die Pflanze namens BGE auch gedeihen und irgendwann mal die Wurzel und die prächtige Krone unserer Gesellschaft werden.

Die Gestaltung der Homepage zum Fest, sowie vieler anderer Materialien zum Thema BGE stammt aus der Feder der Designerin Annette Köhn aus Berlin. Chapeau!

Montag, 11. Oktober 2010

Kasperletheater im Rollenzirkus

Es wurde bereits sehr viel, sehr gute Kritik zu diesem einfach unfassbar propagandahaltigen Format "Tatort Internet" geschrieben und gesprochen. Ich möchte mich hier mit einem kleinen Detail kurz auseinandersetzen. Ich bin nicht gerade berühmt dafür feministische Themen aufzugreifen, welche das Internet oder die im Heute angekommenen Menschen betrifft. Allerdings betone ich immer wieder, dass es noch Bereiche unserer Gesellschaft gibt, in der veraltete Rollenmodelle gelebt und gepflegt werden. Leider sind diese Bereiche noch sehr einflussreich und üben noch eine Strahlkraft auf genügend Menschen aus. 

Frau zu Guttenberg ist hier ein wunderbares Beispiel. Sie ist zwar eine Frau die aktiv handelt und nicht als passives Wesen nur ein Dasein als Zierde an der Seite ihres Mannes fristet, jedoch lässt das Aktivitätsfeld doch aufmerken: Während ihr smarter Gatte als Verteidigungsminister sich um eines der für klassische Gemüter männlichsten Politikbereiche kümmert, sitzt die adrette Frau zu Guttenberg in der Öffentlichkeit und kümmert sich um Belange des Nachwuchses. Sie verteidigt das Nest, während Herr zu Guttenberg das Vaterland als Minister verteidigt. Derzeit besonders aktiv in Afghanistan. Da wundert es mich auch, dass die Dame sich vielleicht nicht um die Belange Afghanischer Kinderschicksale kümmert, deren Innocence ziemlich in Danger ist, während sie lieber in der Propagandamaschinerie der Bürgerrechtsreduzierung die Knöpfchen drückt. Diese Verwunderung findet allerdings nur im streng logischen Hirnteil meiner Selbst statt. Der andere Teil denkt sich nur, dass dies doch ein typischer Mechanismus ist, der hier sehr deutlich vor unser aller Augen sich offenbart:

Konservative Werte werden in Zeiten der Krise als bewahrendes Element verstärkt in der öffentliche Debatte thematisiert. Hierzu gehört primär das Bild des Weibchens, welches zu Hause in der Höhle die Brut bewacht und den Nukleus der Gesellschaft unter ihrer strengen Obacht behält. Der Mann geht hinaus in die Welt und kümmert sich um den Makrokosmus, den Staat, der in der Krise in Gefahr sei. 

Um Konservative Werte auch nachhaltig in den Köpfen zu bewahren, sollte die Kommunikation möglichst direkt und unverzweigt sein. Lästige Diskussionen und Gegenstandpunkte stören, wenn man ein sehr spezifisches Weltbild in den Köpfen verankert sehen möchte. Auch ist es wichtig für Recht und Ordnung zu sorgen, damit in der Krise die Welt und die Nation nicht aus den Fugen gerät. Daher sind Mittel wie Zensur und Überwachung für die neue Konservative wie schon längst bekannt das heiß geliebte Steckenpferd. Denn nur wer kontrolliert, behält die Oberhand. Also geht die Lady zu Hause ihrer Aufgabe als Kinderbewaherin nach und fordert Kontrollmaßnahmen zum Schutze der Brut. Der Gentleman hingegen geht einer militärischen Aufgabe nach, die den Schutz vor Terroristen beinhaltet. Ableiten kann man hier die Zensur und die Überwachung zum Schutze der Bevölkerung vor Terroranschlägen aus dem Morgenland, die zwar das Innenministerium federführend mit den obersten Polizeiinstantzen leitet, jedoch ist die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch hier für meine Sicht hiermit natürlich vermengt. 

Die dritte Komponente erfüllt dann der alte Mann. Dieser, der Senex (von diesem lateinischen Wort leitet sich auch das genauso lateinische Wort Senator ab) weiß am besten um das Wohl der Bevölkerung und kann diese auch vor drohenden Gefahren warnen, Handlungsempfehlungen geben und besitzt seit Urzeiten eine gewissen Weisungsbefugnis über das Leben und Handeln jüngerer Menschen. So das klassische Rollenbild. Dieser Senex kommt zum in heutiger Zeit Beispiel im Gewande des Sarrazin daher. Er möchte die Gesamtheit der deutschen Population vor einer Überfremdung vor allem von Seiten des Morgenlandes bewahren. Der Islam und Menschen aus der Region seiner dominanten Verbreitung werden als minderwertig, nicht anpassungswillig und gar fragwürdig hingestellt. 

Zusammenfassend haben wir hier eine konservative Parade an Rollenbildern und ihre aktive Ausführung zur Durchsetzung ihrer Ziele und Zukunftswünsche. An diesen von mir archetypisch dargestellten Bildern kann man auch erkennen, wo die Stärken und Fehler dieser unsterblichen Gemeinplätze der Politik liegen. Vor allem die Fehler sind in der sehr hölzernen aktuellen Ausführung zu erkennen. Man hat den Eindruck man schaut einem Kasperletheater zu, welches irgendwie von Geschehnissen hinter dem Vorhang ablenken soll. Doch hat der aufgeklärte Bürger mit Netzzugang längst eine genaue Ahnung, was dort geschieht. Jedoch wird das Puppenspiel fortgesetzt. In Hoffnung darauf, dass der Zugang zum Herrschaftswissen bald versiegen werde und der Mensch wieder vor dem Vorhang Platz nimmt und das Schauspiel wieder so wahrnimmt, wie die Regie es sich wünscht. 

Sonntag, 10. Oktober 2010

Risse beim Sonntagsausflug

Das Wochenende im Süden habe ich unter Anderem dazu genutzt, nach Staufen zu fahren. Staufen ist eine sehr schöne, kleine Stadt zwischen Schwarzwald und Markgräflerland; tief im Südwesten Deutschlands. Die Stadt Staufen, eher gesagt der alte Stadtkern um das Rathaus herum, wird von Rissen in den teilweise sehr alten Gebäuden heimgesucht. Warum ist das so? Es wurden, um das Rathaus umweltfreundlich mit Erdwärme zu beheizen, Bohrungen vorgenommen. Diese zogen ungeahnte Folgen nach sich. Erst das Rathaus, dann über zweihundert weitere Häuser in der Umgebung wurden von den Geologischen Folgen dieser Bohrung durch die eigens herbeigerufene Spezialfirma aus Österreich, heimgesucht. Der Grund für diese Rissbildungen in den alten Gebäuden liegt in der Beschaffenheit des Untergrunds. Dieser besteht zu einem Teil aus Gipskeuper. Das ist ein Gestein, welches sich bei Kontakt mit Wasser bis zu 60 Prozent ausdehnen kann. Unter der Gipskeuperschicht von Staufen wird Grundwasser vermutet, welches bei der Bohrung in das Innere der Keuperschchicht gelang und so die chemische Reaktion zur Umbildung des Gesteins in Gips in Gang setzte. Das Gips dehnte sich aus.

Dieser Unfall ereignete sich im Jahre 2008
. Die Risse ziehen sich noch heute im Jahre 2010 durch die Häuser. Eingestürzt ist noch nichts. Allerdings machen die Häuser auf dem steigenden Untergrund auch keinen sehr sicheren und stabilen Eindruck. Gipskeuper ist auch Bestandteil des Erdreichs unterm Stuttgarter Hauptbahnhof, welcher nun nach jahrelanger Planung und rechtsstaatlicher Prüfung und Genehmigung unter die Erde verlegt werden soll. 2009 genehmigte der Bund den Bahnhofsumbau in Stuttgart im Bundeshaushalt. Es ist bemerkenswert, dass man die Geschehnisse in Staufen ein Jahr zuvor als Warnung für das Projekt registrieren wollte. Schließlich liegen beide Orte im selben Bundesland. Womit die Stadt Staufen auch juristisch zu kämpfen hat, wird Stuttgart wohl auch im noch viel größeren Format noch Freude haben, wenn das Bauprojekt noch durchgeführt wird.

Die Risse in Staufen:







Was mich nach der Lektüre des relevanten Stuttgart 21 Artikels im Blog des Spiegelfechters besonders unruhig stimmt, ist die Situation mit den geplanten Tunnels. Ich bin zwar kein Geologe, jedoch deucht es mir, dass ein bei Wasserkontakt sich ausdehnendes Gestein nicht gerade bei der bereits schon zu knappen Bemessung der perfekte Untergrund für ein solches Projekt ist.

Laut eines SWR-Berichts vom 4.10.2010 sprach ein Einwohner Staufes auf der Freitagskundgebung gegen das Bahnhofsprojekt in Stuttgart:

Ein Redner aus der Stadt Staufen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) warnte vor den Risiken des Tiefbaus im Gipskeuper, die er auch für die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofes erwarte. Erdwärmebohrungen in dem badischen Ort, der ebenfalls wie das Stuttgarter Zentrum auf dieser Gesteinsformation ruht, hatten bei 262 Häusern zu Rissen und Anhebungen geführt. Das Land komme lediglich für Akutschäden auf, mit den Problemen der Unverkäuflichkeit ihrer Immobilien müssten die Bewohner selbst fertig werden, erläuterte der selbst betroffene Staufener Bürger: "Wie wird mit der Verantwortung für die viel größeren Schäden in Stuttgart umgegangen werden?".
Ich frage mich an dieser Stelle als juristischer Laie, ob es nicht Gesetze gibt, die den endgüldtigen Baustopp für Stuttgart 21 bedeuten könnten, wie der Artenschutz die Fällung weiterer Bäume im Schlosspark verhindert hat.

Meiner Bescheidenen Meinung nach, könnte gerade dieser Sicherheitsaspekt der Haken sein, an dem sich das Projekt aufhängen könnte. Denn die von Sicherheit besessene Regierung, schließlich sollen wir alle vor Terroristen und Kriminellen geschützt werden, könnte auch geologische Gefahren auf den Radar holen und endlich einsehen, dass Stuttgart 21 nicht realisierbar ist, ohne gravierende Folgen zu riskieren.

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Der Fluch der Republik

Das Land gefangen im Rausch der Wende,
Die Oberfläche sich berauschend wogt,
Doch brodelt unten jeden Tag,
Des Streben für ein neues Ende.

Das ist der Fluch der Republik,
der Untergang des Abendlands!
Wenn die Wähler nicht mehr wollen
wofür sie einst ihr Kreuz getan.

Das Kreuz steht stark im großen C
doch schützen will man doch die Brut
vor den verworrenen Stricken
und der kriminellen Netzmenschwut.

Das ist der Fluch der Republik,
der Untergang der Demokraten!
Wenn die Kreuzer sich erheben
und plötzlich auch ihr Veto geben.

Doch wendet man sein Haupt vom Feld
und redet was im Kopfe nagelt.
Ein Mann ist nicht mehr ein Wort,
Denn was zählt is nur noch das Geld.

Dienstag, 28. September 2010

The Best of Both Worlds

Es erregen sich derzeit die Gemüter, dass bei einer netzpolitischen Veranstaltung einer grünlichen Stiftung, die Damen im Referentenlistlein fehlen. Auf Twitter werden Köpfe eingeschlagen, es wird hochinteressant diskutiert und vielleicht auch die eine oder andere Glühbirne aufgehen die Kriegsbeile begraben kann.

Dies bleibt zu hoffen. Meine Meinung zu der Situation in der Netzpolitik fasse ich mal vorerst zusammen: Nüchtern betrachtet gibt es eine Menge Frauen, Ausländer oder was auch immer, die sich mehr einbringen könnten, dies aber nicht tun. Ich denke es liegt der Fall von Bahnen vor, in denen Menschen sich vorfinden: Lebenswege, Weltanschauungen und auch persönliche Vorlieben die vielen Leuten die Netzpolitik nicht sehr spannend erschienen lassen. Meine Schwester etwa, ein sehr aufgeweckter und umtriebiger Mensch mit einer hervorragenden beruflichen Karriere ist alles andere als ein geschlechtsgefangenes Weibchen. Netzpolitik interessiert die Gute allerdings nur am Rande. Zu meinem Leidwesen. Ich vermute da sind einige Ladies denen das so geht, und auch einigen Gentlemen. Da aber nun mal die ganze Netzwelt eher von XY-Menschen bevölkert wird, spiegelt sich dies auch in solchen Veranstaltungen wieder mit ihrem Redneraufgebot. Ich möchte gern mal meiner Schwester oder so manchen Freundinnen in den sehr emanzipierten und sehr genderneutralen Arsch treten und sie in die Netzwelt befördern. Doch geht es nicht. Für die ist Netzpolitik so spannend wie eine Amtsstube zur Geisterstunde. Ich denke man sollte das Thema an sich spannender in der Öffentlichkeit präsentieren, und es werden sicher heterogenere Menschengefüge in der Netzpolitik entstehen. Die Zukunft wird es uns danken!

Dann hätten wir das mal erläutert. Da Zweite hier ist eine Reflektion über mich selbst und warum ich denn so vehement gegen übermäßige Unterscheidung zwischen Menschen per se bin und warum mir so manchmal bei Genderdebatten (und auch z.B. Ausländerdebatten) der Kragen platzt und zum Troll mutiere:

Mein Äußeres, mein Körper ist weiblich. Das ist auch in Ordnung. Ich bin mit meinem biologischen Dasein zufrieden. Mein Innenleben allerdings spiegelt nicht das kurvige Wesen an der Oberfläche zu 100 % wieder. Ich hatte das Glück sehr geschlechtsneutral erzogen worden zu sein. Dies hat es wohl ermöglicht, dass ich seit meiner Kindheit nebst meinem weiblichen Ich auch ein männliches Ich besitze. Vor der Pubertät war es dann auch noch sehr einfach die Fassade nach Gutdünken zur Irritation der Menschen die mich nicht gut kannten, zu wechseln. Nach und nach lernte ich über die Diskrepanzen die Menschen sich bezüglich der Geschlechter im Laufe der Geschichte aufgebaut hatten. Meine Eltern haben mir diese Begebenheiten und Zustände aus einer Position erläutert, die der Vogelperspektive gleicht: "Schau mal, da sind Menschen die sich ob ihrer körperlichen Eigenschaften diskriminieren. Sei es aufgrund der Hautfarbe oder ihres Geschlechts. Jegliche Diskriminierung ist irrsinnig und führt zu Problemen." So ungefähr lautete die Botschaft. Die Quintessenz ist, dass wenn nicht viele Menschen zusammen, blind gegenüber ihren Unterschieden, an einem Strang ziehen um etwas zu erreichen, dann tragen sie den Konflikt den sie vorerst gegen einen externen Widersacher austragen sollten durch die Unterscheidungen in ihre eigenen Kreise.

Ich bin mir jetzt bewusst, wie viel Glück ich mit diesem Elternhaus hatte. Nicht jeder Mensch wird so erzogen. Und genau da gilt es eine Änderung herbeizuführen, die eine Generationenaufgabe darstellt. Ich sehe meine Eltern hier als exemplarisches Beispiel einer Erziehungmethode die sehr, sehr fortgeschritten ist. In meinen Augen zumindest. Natürlich ist kein Weg ein Königsweg, aber davon lernen kann man sicherlich. Es ist wichtig jungen Menschen diese Geschlechtsneutralität vorzuleben.

Nun sehe ich diese Eigenschaften bei einigen Jugendlichen die mir immer wieder begegnen: Junge Männer haben kein Problem damit auch weibliche Seiten offen auszuleben und Mädels können ganz selbstverständlich mal den inneren Lausbuben zeigen. Ich denke da nur mal an die CSD-Paraden des Sommers. Männliche Piraten und Jupis in femininer Kleidung vor den Kameras posierend (Nein, nicht alle waren Teil der einschlägigen CSD-Zielgruppe!), dazu randalierende Mädels mit Bierflaschen. Ich grinse immer noch bei dem Gedanken daran. Geschlechterfassaden eigenen sich irrssinnig gut zur Partybelustigung.

Und jetzt mal wieder zur Netzpolitik: Wenn wir eine geschlechtsneutrale Haltung stur wie ein Mathematiker als gegeben in den Raum stellen, dann könnte es einfach auch sein das viele Menschen sich ganz einfach (noch) nicht für diese Themen interessieren. Denk- und Erziehungfehler von früher sind es vielleicht, die den immer noch vorhandenen XY-Überschuss in der Computerwelt und damit auch in der Netzpolitik zu verantworten haben. Meiner bescheidenen Meinung nach wird über bereits begangene Fehler lamentiert, die unsere kleine, bildungsbürgerliche Welt bereits relativ gut überwunden hat. Nun liegt es daran, diesen Fortschritt massiv nach außen zu tragen und die Entwicklung zu einer Gendervielfalt im Individuum selbst zu fördern. Dann können wir in 100 Jahren unsere Urenkel mal schauen lassen wie es um die Netzpolitik der Zukunft bestellt ist. Diese lamentieren dann eventuell, dass zu wenig Menschen sich hierfür interessieren und man nur mit Ach und Krach die Freiheiten die wir heute genießen hoffentlich bewahrt hat.

Deshalb finde ich es fragwürdig von "frauenfrei" zu reden, denn diese Redensart fördert das Denken in Unterschieden in unseren eigenen Reihen. Wenn eine Dame sich zur Netzpolitik engagieren möchte, so ist es meine Erfahrung, dann wird diese auch gehört. Denn dann wird sie zur Person die sich für die Freiheit des Internets einsetzt und daher eine positive Erscheinung abgibt. Von diesen Personen brauchen wir noch sehr, sehr viele.

Mittwoch, 22. September 2010

Eine wichtige Botschaft

Reflektion zu Flammen und Puscheln mit Zähnen

Dass die Piraten in ihren Kommunikationskanälen, wie diversen Mailinglisten etwa, nicht gerade die feinsten Töne anschlagen, das ist längst bekannt. Dies wird gerne kritisiert, bemängelt und für sehr schlecht bezüglich der Aussenwirkung befunden. Im Prinzip ist das auch gut und richtig.

Allerdings mache ich mir über Diskussionskulturen im weiteren Sinne Gedanken: Sehr oft gibt es Diskurse, Streitfälle und Zwischenfälle in diversen Umgebungen und Settings die von außen betrachtet gar nicht so schlimm aussehen wie sie in ihrem innern sind. Da wird vorne rum freundlich getan, Kompromissbereitschaft gezeigt, während Floskeln statt (er)klärender Worte ausgetauscht werden. Manchmal bringt das was und aus Floskeln werden veritable Aussagen aus einer gemeinsamen Überzeugung heraus. Doch meist werden Gefechte hinten rum ausgetragen, man muss angestrengt zwischen viele Zeilen lesen wie bei einem Arbeitszeugnis um des Pudels kern überhaupt erkennen zu können. Man muss ja die Höflichkeit bewahren. Wir sind doch keine Rabauken!

Dies finde ich ganz persönlich nicht gerade effizient. Es ist mir schlicht zu anstrengend hinter einer höflichen Fassade die Reisszähne zu deuten und mich dementsprechend wie ein Wolf im Schafspelz aufzuführen: Flauschig aber mit vielen Zähnen hinter den Puschlen.

Flamewars hingegen empfinde ich als meistens sehr ehrlich und direkt. Da werden zwar so manche Füße zertreten, jedoch weiss jeder gleich woran er ist. Die Fakten liegen auf dem Tisch und bei so manchem scheinbaren Troll habe ich dann durch eine klärende Diskussion nach dem erlöschen des Flammenwerfers dann auch zu einem konstruktiven Punkt gefunden. Beiderseitig versteht sich. Schließlich hat der vermeindliche Troll mich wohl auch an einem gewissen Punkt als einen Selbigen wahrgenommen. Na und? Everybody's Darling sein zu wollen führt meist in die Belanglosigkeit oder ins Verderben.

Ich denke das es wichtig ist, diese sehr offene und lebendige Streitkultur näher zu betrachten, anstatt sie zu kritisieren. Sie existiert ja ohnehin weiter. Es wäre vielmehr spannend diese vielmehr weiter zu kultivieren und ein wachsendes Augenmerk auf Rhetorik und Wortkunst zu setzen, soweit dies denn passt. Denn schimpfen kann man wunderbar im großen Stil. Der alte Onkel Cicero etwa, ist nicht umsonst immernoch Lehrstoff an den Schulen und Unis. Dieser alte, römische Flamer zündelte lieber höchst stilvoll mit Worten im Senat herum als wie es Nero angedichtet wird, die ganze Stadt anzufackeln. Cato der Ältere hatte sogar eine sehr römisch-trollige Verbalsignatur bei seinen Reden: "Ceterum censeo Carthaginem esse delendam".

Daher möchte ich hiermit eine Lanze für das Flamen mit Stil brechen und jetzt gleich die Aktive abonnieren. Vielleicht ist ja noch immer was los dort. Echt jetzt, Quirites!

Denn wenn man weiter darüber nachdenkt, bringt Stil und Rhetorik in einem Flamewar dann Niveau in die Geschichte. Dan hirnt man, anstatt unreflektiert in die Tastatur zu kotzen. (Die Botschaft kann gut und richtig sein, das geschulte Flamewarauge erkennt dies auch, doch ist nicht jeder ein Kenner dieser Debattierkultur.) Doch mit einem guten Wortschatz und intelligenten Argumenten die gerne auch derbe sein können, macht man jedenfalls einen besseren Eindruck auf Außenstehende.

Achja, ich möchte hierbei auch noch betonen, dass es auf dem Mailinglisten durchaus schon so einige wortgewaltige Piraten gibt, die sicher nur darauf warten noch zu weiteren Höhen der getippten Verbalschlachten zu eilen. Schließlich bringt das Themen voran und ist zudem sportlich.


Das waren meine zwei sehr subjektiven Cent zu diesem Thema.

Sonntag, 19. September 2010

Konservative Barbies: Jetzt auch in Deutschland

Spätestens seit Sarah Palin ist das Phänomen der Moralbarbie außerhalb der US-Spähren bekannter geworden: Das Prinzip ist einfach. Eine recht gut aussehende Dame aus der rechten Ecke, gestylt wie eine Barbie oder etwas zugeknöpfte Pinupdiva, schmeißt sich für konservatives Gedankengut ins Rampenlicht.

Die Wirkung einer solchen Barbie ist natürlich in den USA zum Beispiel, sehr profund. Da steht eine Frau, top gestylt und auch etwas sexy auf dem Podest und gibt reaktionäre Botschaften von sich. Sex sells the rechte Botschaft. Vor allem in der Politik eines Landes in der die Oberfläche mehr zählt als das Innenleben. Wer gut aussieht, muss wohl recht haben. Dies ist die traurige Realität. Das dieses Prinzip natürlich instrumentalisiert wird, daran braucht man gar nicht erst zu zweifeln.

Da sich Deutschland auch immer mehr in diese Richtung orientiert und langsam US-Verhältnisse dem Alltag entsprechen, mussten wir nicht lange auf eine solche, blonde, manikürte Erscheinung warten: Die Gattin unseres werten Verteidigungsministern füllt vorzüglich diesen Posten aus. Sie ist adelig, sehr blond, sehr modisch und setzt sich für die lieben Kinder ein. So wie es sich gehört. Ihre Schirmherrschaft für den deutschen Zweig von "Innocence in Danger" sticht vor allem den Menschen ins Auge, die sich für die Netzpolitik interessieren. Hinter der schönen, blonden Fassade der kinderlieben Dame verbirgt sich ein Instrument der Verharmlosung und Rechtfertigung für Netzsperren. Was Zensursula ob ihrer doch herberen Art nicht durchzusetzen vermochte, versucht nun die jüngere, hübschere Konservative abseits des direkten politischen Parketts zu bewerkstelligen. Als Gattin eines Ministers ist dies sehr schön mit der Arbeit des Ehemannes zu verbinden. Die Aufmerksamkeit ist per se schon da, denn als Teil eines Glamourpaars kann man natürlich schnell im Rampenlicht mal ein paar Engagements für populäre Anliegen (Kinderschutz) schön in der Presse verbreiten. Geschluckt wird es. Gerne. Nur das kleine gallische Dorf namens Netzgemeinde hat das Spiel durchschaut und versucht die schöne Fassade von der Absicht zu trennen, denn Kinderschutz ist auch in diesen Spähren eine Selbstverständlichkeit. Aber dann richtig, ohne durch Sprerrlisten ganze Telefonbücher für Fans des abartigen Content zu generieren und Bürger in ihrer Informationsfreiheit zu beschneiden. Doch ist die nachhaltige, korrekte Lösung nicht immer die beliebteste für gewisse Gruppen.

Das Prinzip "Löschen statt sperren" ist dennoch dank vieler harter Bemühungen relativ weit gekommen, Seiten mit dokumentiertem Kindesmissbrauch konnten erfolgreich in den letzten Monaten gelöscht werden.

Doch reicht dies anscheinend nicht. Kenner wissen Bescheid, dass die Contentindustrie etwa, die ganze Kinderpornodebatte sehr erquicklich finden, denn Netzsprerren welche für einen so moralisch hochwertigen Grund errichtet werden, können dann folglich auch für ihre Zwecke sehr schön von Nutzen sein.

Daher sind Moralbarbies unerlässlich. Ihr blondes, Hoffnung implizierendes Äußeres, hilft einfach ungemein um in der Regenbogenpresse etwa, unbedarfte Menschen für ihre Zwecke zu gewinnen. Wer so hübsch ist, so engagiert sich für die Kinder einsetzt und auch noch adelig ist, der kann doch nur gut sein.



Vielleicht brauchen wir einfach eine Horde Piratenbarbies? Blonde Damen, die für Bürgerrechte, eine Nachhaltige Netzpoltik und sämtliche anderen piratigen Ziele ihre gestylten Gesichter in die Kamera halten und mundgerecht zerteilte Botschaften unter das Volk bringt. Interessant wäre das allemal.

Montag, 13. September 2010

Sexualisierung? Nix neues - heute nur unreflektierter.

Die Ehefrau unseres Verteidigungsministers, diese die sich letztes Jahr in der Stoppschild-Diskussion nicht mit Ruhm bekleckert hat, stößt gegen die Sexualisierung der Popkultur vor. Manche ihrer Aussagen ergeben hier durchaus Sinn, denn Teile der Popkultur sind in der Tat sehr verroht was die kulturelle Auseinandersetzung mit Sex und Erotik und auch Beziehungen angeht. Wenn Rapper mal wieder Menschen mit XX-Chromosom mit rüden Worten beschimpfen, wird es durch die Routiniertheit dieser Motive langsam langweilig für den betagten Zuhörer jenseits der 30. Gab es doch nicht schon früher in der gitarrenbetonten Musik, dem Punk und dem Metal, solche Anwandlungen. Schließlich ist die Riot Grrrl Bewegung Anfang der 90er Jahre ein Produkt dieser Welle des Sexismus in der Musik. Doch Riot-Rapperinnen sind in der Mainstreamkultur wenig sichtbar. Gibt es zwar eine Missy Elliot oder auch die Balkan-Rapperin Miss Platnum, die Weiblichkeit im beliebten Hip-Hop etwas differenzierter darstellen, aber mehr leider nicht. Eine Lady Bitch Ray ist hier vielleicht noch anzuführen, allerdings ist diese mehr ein Clown mit Brüsten als eine erstzunehmende Dame mit Gegengift zum tumben, unaufgeklärten Sexismus der üblichen Rappergestalten. Schade auch. Natürlich möchte ich hier nicht die wohl im Untergrund aktiven Damen mit Wortwitz nicht verschweigen, doch werden diese wohl eher von Kennern wahrgenommen, als vom Mainstream.

Dort gibt es Rampenlicht für Damen wie Lady Gaga, Beyonce und Konsorten. Damen, die allesamt sich gerne sexy, kontrovers und körperbetont im Video und auf der Bühne zeigen. Doch neu ist diese Sexualisierung sicher nicht. In den 80ern regte schon Madonna mit sexy Outfits etwa auf, eine Tina Turner stellte durchaus eine erotische Gesangsgöttin mit Stil und Power dar und Doro Pesch heizte der Langhaarfraktion als sexy Lederlady vor allem optisch ein. Sexualität hatte in der Popkultur schon immer seinen festen Platz. Was ist denn mit Josephine Baker oder den Can-Can-Damen des Moulin Rouge?

Der Unterschied zu früheren Zeiten und der Brisanz der heutigen Lage bezüglich Jugendlicher ist wohl die Verfügbarkeit solcher Inhalte in Ton und Bild. Das Internet macht es nun einmal einfacher für Jugendliche sich "verbotene Inhalte" anzuschaffen und zu konsumieren. Doch dieser Drang nach verbotenem Kulturmaterial ist wohl auch nicht gerade brandneu. Jugendliche besorgten sich immer gerne verbotene Horrorfilme, indizierte Punkalben oder fiese Metalscheiben zu der jeweiligen Zeit. Doch dank Internet muss man nicht mehr auf ein ausgeklügeltes Netzwerk im realen Leben zurückgreifen sondern lediglich einschlägige Seiten ansteuern.

Die Entsetzenschreie der Obrigkeit von heute haben natürlich nicht nur den Jugendschutz per se im Sinn, sondern auch die Reglementierung der Medienlandschaft an sich. Wo es früher mehr um Indizierung auf Sperrlisten ging, die Verkäufe unter den Ladentisch verbannten, sind Instrumente wie der höchst unsinnige Jugendmedienschutz Staatsvertrag zu verteidigen. Sorgenvolle Eltern finden durch solche Argumentationsketten wie zum Beispiel von der Blonden Lady an Herrn Verteidigungsministers Seite, Bestätigung und Beruhigung. Wenn man das Netz dann schön mit Sendezeiten belegen kann, dann sind die Kleinen auch nicht mehr in der Lage sich immer und überall böse Inhalte anzueignen. Schließlich ist die gesunde Entwicklung des eigenen Kindes ein sehr wichtliges Anliegen für alle Eltern.

Jedoch sieht es hinter dieser Fassade der Kinder- und Jugendsicherheit etwas chaotisch und planlos aus. Das Internet ist global, Sendezeiten bringen nichts aufgrund der verschiedenen Zeitzonen auf dieser unseren Welt und mit Fernsehen und Radio hat das Netz nur die Möglichkeit des Medienkonsums gemeinsam. Die Natur dieses Lebensbereiches ist gänzlich anders beschaffen: Vernetzt, versetzt und organisch. Die Kommunikationskanäle sind nicht nur pyramidenartig angeordnet, sondern bilden eher ein riesengroßes, weltumspannendes Spinnennetz. Dort ist es nun einmal nicht möglich Kontrollen zu installieren um lokalen Bedürfnissen gerecht zu werden, ohne der Natur des Netzwerkes zuwider zu handeln. Sämtliche Schikanen, unsinnige Maßnahmen und Reglementierungen sollen hier erst gar nicht erwähnt werden.

Vielmehr sollte das Problem des eher dümmer werdenden sexuellen Popdiskurses hinterfragt und diskutiert werden. Weise Menschen wissen, dass Popkultur in Wellen funktioniert. Seien diese stärker oder schwächer in ihrer jeweiligen Ausprägung. Die jetzige Generation mag zwar noch von Hinterteilen und Brüsten von Damen dominiert sein, doch wird es eine Übersättigung geben. Nachwachsende Teenager werden sicherlich, auch ohne religiösen oder moralisierenden Überbau als Hilfestellung, diese Sexsalven als albern und übertrieben wahrnehmen. Die Darstellungen werden raffinierter, intelligenter und gleichzeitig reizvoller werden. Meine Generation wird dessen dankbar sein. Denn Sex ist auch für Jugendliche ein wichtiger Punkt der Auseinandersetzung mit dem Leben an sich. Vielmehr sollte dieser Diskurs zur Sexualität gefördert werden. Mit offenen Augen. Denn wo keine Tabus bestehen können weniger Exzesse stattfinden.

Die Sprengkraft des etwaigen Exzesses wäre nicht vorhanden und daher eine Sinnlosigkeit gegeben; bar jeder Faszination. Auch dann wird es möglich werden ohne Angst vor Bloßstellung oder ähnlichen Repressionen vor der Gesellschaft zu leben. Wo Sex so normal ist wie das Kaffekochen, wird keiner durch Abbildung in einer "riskanten Situation" erpressbar. Daher hat die starke Sexualisierung auch seinen Nutzen. Lediglich die Ausrichtung und Wahrnehmung hinterher sollten überdacht und geändert werden. Darin liegt dann auch die Lösung für das Problem mit den übersexualisierten Jugendlichen. Kids, die zwar Sex probieren, aber ohne dem Beigeschmack von gleichzeitiger Abwertung durch diese Handlungen, freier in ihrer Entfaltung und besser gerüstet für ein ausgeglichenes Sexualleben. Sexismus, Rassismus und Homophobie haben dann nichts mehr zu suchen und sind vielmehr eine Randnotiz aus früheren Zeiten in den Köpfen geistig gesunder Menschen.

Sonntag, 8. August 2010

Weibereiyeiderdey hoch 23

Ich wollte schon lange mal was zum Thema Frauen und ihren seelischen Mülleimern schreiben. Es ist ein typisches Phänomen, welches zum Beispiel Nerdmänner begegnet. Eine weibliche Bekannte oder Freundin, die er mehr oder weniger heimlich anhimmelt, kotzt sich bei ihm über ihren garstigen, doofen Freund aus. Oder über die garstigen, doofen Männer im Allgemeinen. Dieser junge Mann, der sich die Klage des Weibes anhören darf, hofft durch seine Anwesenheit und sein Verständnis etwa, als positives Beispiel der Männlichkeit da zu stehen und so das Herz der Angebeteten zu erobern.

Fehlanzeige. (Nicht immer, aber die Realität kennt viele Dramen dieser Art.) Der treuherzige, ehrliche, nette Mann wird als Mülleimer verwendet. Sie nutzt ihre Stellung als Frau aus den Kerl als kostenlosen Zuhörer zur Verfügung zu haben, er hofft auf ihr Herz. Ganz üble Sache. Denn irgendwann kommen die Jungs dahinter und werden sehr wütend. Zu Recht. Wenn der Mann eventuell nicht genug reflektiert, kommt sehr oft ein Fehlschluss zustande und es werden gleich alle xx Menschen als seelenmüllabladende Monster deklariert. Außer Mutti und Omi vielleicht.

Ich zum Beispiel, darf mir dann das Aftermath dessen anhören. Ich bin Männerversteher. Ich reg mich dann mit dem entsprechenden Mann zusammen auf, wie doof die Weiber doch sind. Wie berechnend, kalt und gemein sie sein können. Als Mülleimer versteh ich mich am Ende dieser unglücklichen Kette jedoch nicht. Eher als Reinigungstrupp. Dies mache ich gerne, da es mir wichtig ist den menschlichen Blick in meinen Freunden zu bewahren wenn die Wut hoch kocht.

Ich hoffe inbrünstig, dass Menschen im weiblichen Körper mit dieser vernünftigen Weltsicht ähnlich wie ich handeln: Immer wieder und wieder über das andere Geschlecht klagenden Menschen die Klischees aus dem Kopf zu waschen. Auch wenn diese leider noch oft bestätigt werden. Solch ein Verhalten mit Klischees im Kopf veranstalten nämlich diese Teufelskreise in denen wir an irgend einer Stelle stecken.

Denn es geht weiter. Ein Mann kann verbittern, wendet dieses Verständnis irgendwann als Masche an um eine Frau zu ködern, dieser an die Wäsche zu gehen und verabschiedet sich dann. Vielleicht ist dann doch zwischen all den Müllabladern dann doch eine Anständige gewesen, die dann vor lauter Schemen im Kopf übersehen wurde. Nichts ist unwahrscheinlich.

Eigentlich tut es mir hier schon in den Augen weh, mich hier von Männern und Frauen schreiben zu sehen, da ich am liebsten von Menschen spreche. Leider denkt ein Großteil der Welt in der ich lebe nicht so. Das ist auch der Grund, warum ich am liebsten unter Nerds, Geeks und Freaks bin. In solchen Kreisen ist man, wenn man unter sich ist, nicht so stark mit diesen Gedankengängen und Sprüchen belastet, die die "Außenwelt" mit sich trägt. Warum verkaufen sich wohl diese Giftbücher a la "Frauen labern den ganzen Tag lang rum und der Kerl will lieber schweigend Fuppes gucken und sein Auto waschen"? Diese Publikationen dienen erstens der Bestätigung und zweitens irgendwo auch der Fortpflanzung dieses Problems.

Das oben beschriebene Problem ist nur eines von Vielen. Das Feld ist viel zu groß, um es in einem einzigen Blogeintrag zu bearbeiten. Ich möchte nur einmal in Schriftform kundtun, wie sehr mich dieser von mir beschriebene Mechanismus an Frauen immens stört. Denn das sich auskotzen sollte ein gegenseitiger Akt der Reinigung sein für zwei Freunde sein. Keiner sollte zum Spielball des Anderen werden. Mit einem ausgewogenen Weltbild ist dies möglich. Ich erlebe dies sehr oft. Männliche Menschen suchen bei mir nach Rat, diesen erteile ich gerne. Dafür weiß ich, dass diese Jungs dann in einer Zeit der Not auch für mich da sind. Und das ohne Hintergedanken. Das ist wahre Freundschaft. (Der aufgeklärte Mensch weiß diese Tatsache natürlich schon längst zu schätzen.) Freundschaft kann man aber nur unter Personen haben, die sich gegenseitig als Gleichwertig empfinden.

Als letztes Wort an die Damen möchte ich noch sagen (es gibt zwar einige unter euch die dies beherrschen, aber leider nicht alle): Probleme kann man auch erst mal alleine Meistern. Vor allem die Inneren. Wenn es zu schlimm, wird sucht man sich professionellen Rat. Die Couch ist manchmal die beste Lösung. Dies meine ich nicht abwertend sondern als ernst gemeinten Ratschlag. Freundschaften nämlich, kann man sich auch mit zu viel Gerede um das selbe alte Leid auch verderben.

Nachtrag:
Dier Katalysator für diesen Eintrag stammt von diesem wunderbaren, sehr spannenden Blog. Die Inbrunst, die in diesen Zeilen steckt, hat mich zur Reaktion angestachelt. Leider stecken manche solche Wutposts gleich aufgrund der männlichen Autorschaft in das Machotöpfchen.

Freitag, 6. August 2010

Oldies but Goldies

Obwohl ich auch sehr gerne alte Jazzfetzen höre, möchte ich heute über Oldies der etwas anderen Art bloggen: Heute läuft zum dritten mal im Piratenradio die Love'n'Rave Sendung. Es werden alte Mixe aus den 90ern gespielt, die einem die Jugend wieder in Erinnerung bringen. Damals, als Jungravertorte, hab ich die alte Rock'n'Roll Generation richtig verachtet. Diese mittlerweile im Mainstream angekommene Musikkultur war alles was ich nicht war. Gitarrig, irgendwie verstaubt und nervig. Bei jeder Tour der Rolling Stones in den 90ern hab ich mir die Typen in die Rente gewünscht. Genauso die langsam alternden Punkbands. Während meine Klassenkameraden noch Hosen und Ärzte hörten, viele Lieder natürlich aus den 80ern, hab ich mich für the KLF und the Orb interessiert. Das waren Pioniere und keine Überbleibsel aus alten Zeiten. Those were the nineties!

Ich konnte und kann diese alten Jugendkulturen zwar als das was sie einmal waren, Rebellion gegen die Elterngeneration, verstehen und achten, jedoch war ich nun der jugendliche Musikrebell. Ich konnte meinen alten Rocker/Jazzervater herrlich mit den harten Beats aus meinem Jugendzimmer nerven. Hätte ich statt Suck Me Plasma Platten etwa, AC/DC aufgelegt, wäre er sicherlich nicht so verstört gewesen. (Dabei war AC/DC damals immer noch für manche Leute eine Provokation.) Meine Mutter regte sich immer über das ständige "Bum Bum" auf und es war wie es wohl seit Jahrtausenden war. Das Kind nervt die Eltern mit Marotten der Jugendkultur. Herrlich.

Heutzutage schaue ich mich um, und denke daran wie dankbar ich sein kann noch die für mich letzte Jugendkultur mitgemacht zu haben, die noch wirklich neues hervorbrachte. Wie damals die Rock'n'Roller in den 50ern, die Mods in den 60ern, die Hippies, die Punks und die Goths. Heutzutage sieht das anders aus. Techno ist mittlerweile ein Genre wie jedes andere und lebt im Underground noch relativ gesund, ist aber im Mainstream zur Katastrophe, siehe Loveparade, verkommen. Hiphop, Rock und alles andere lebt nun nebeneinander her. Es gibt Kids, die gerne Queen hören, andere mischen Goth mit Hardcore und erhalten Emo. Die Charts blubbern relativ langweilig vor sich hin und bringen wirklich keine wirklichen Schocker und Innovationen mehr.

Jetzt bin ich der "Alte Sack", der seinen alten Tracks gerne lauscht, während das Piratenradio diesem dem alten Techno huldigt. Im Priatenradio IRC hab ich dann mit dem DJ und anderen Enthusiasten viele Anregungen gesammelt, um die Ravekultur auch weiterhin am Leben und in Ehren zu halten. Es schwirrt sogar die Idee einen 90er Rave zum Bundesparteitag in Chemnitz zu veranstalten. Bis dahin werden auch viele Freitage ins Land gehen, um Love'n'Rave noch bekannter und beliebter zu machen. Ich gehe davon aus, dass viele Piraten noch dieses sehr schöne Sendeformat für sich entdecken werden. Schließlich ist das Durchschnittsalter angeblich in etwa 31. Genau das durchschnittliche Alter in dem die alten Raver heute sein müssten. Das kann noch lustig werden, Leute!

Also werden wir nun auch ein Genreradio pflegen und hegen. Wie es das auch für andere alte Judendkulturen gibt. Daher sollte man auch die originäre Form in der heutigen Zeit nicht in Vergessenheit geraten, damit das Jungvolk auch weiß, wo es herkommt. Baum, vergiss deine Wurzeln nicht. ;)

Also verbleibe ich mit einem fröhlichen "Rave on!"

Die Torte (bum bum bum)

Donnerstag, 5. August 2010

Butter bei die Fische

Heute schwirren nicht nur ominöse Blumenkübel, sondern auch piratige Streitigkeiten durch das öffentliche Netz. Die Liquid Feedback Diskussion wurde hochgekocht, der Beisitzer des Bundesvorstands Benjamin Stöcker trat zurück, sehr uncoole Drohmailaktionen wurden mal wieder an den Piratenstrand gespült und die berühmte Mailingliste der Aktiven wurde mal wieder durchs Dorf gejagt.

Gerade Liquid Feedback bringt die Partei wieder ins mediale Rampenlicht. Netzpolitik und der Spiegel Online berichten darüber. Das ist eine sehr gute Sache. Das dadurch natürlich viele Menschen auf unsere Partei aufmerksam werden und uns kennen lernen wollen ist eine logische Konsequenz. Deshalb auch die Diskussion um das öffentliche Bild der Piratenpartei. Keiner will als Streithahnclub des Netzes dastehen und die politische Version des Heiseforums sein. Allerdings bringt eine sehr freiheitliche, basisdemokratische Struktur ein solches Gebaren mit sich. Unweigerlich. Abstimmungen, wie die Vorstandswahl auf dem Bundesparteitag in Bingen, werden in die Länge gezogen, Themen werden x-mal von verschiedenen Menschen durchgekaut und wieder ausgespuckt.

Weiland hatten die Grünen eine ähnliche Situation zu ihren Anfangszeiten. Allerdings hat sich diese damals sehr frische, basisdemokratische Kraft in eine reguläre Partei gewandelt. Es wurde angepasst, geglättet und delegiert bis man im politischen Alltagsgeschäft angekommen war. Jetzt kommen wir Piraten an und versuchen uns erneut mit digitalen Mitteln und viel Enthusiasmus die Basisdemokratie und Bürgerrechte wieder zu stärken; mit sehr sympathischen und (im positiven!) laienhaften Mitteln. Politprofis gibt es genug. Bürger, die sich für ihre Rechte und die Änderung der politischen Landschaft anstreben, wirken in meinen Augen ehrlicher und authentischer als glattgebügelte Anzugträger wie etwa Joschka Fischer es geworden ist.

Meine Meinung zu diesem Thema ist, dass man gelassen aber wachsam bleiben sollte. Ruppige Diskussionen sind zwar nicht das gelbe vom Ei, allerdings besser als stromlinienförmige Parteipolitik mit top-down Hierarchie. Es sollte die Aufgabe eines jeden Piraten sein, sich bewusst zu werden wie lebendig und dynamisch wir sind und gleichzeitig mal auf den guten Ton achten. Wir sind nun mal da, damit die Öffentlichkeit uns wahrnimmt und das möglichst positiv.

Daher sind Drohbriefe, das auch noch anonym versandt ohne Antwortmöglichkeit, das Letzte was man tun sollte. Diese Taten können aufgrund der Sendeform nicht geahndet werden, allerdings geächtet. Auf gut Deutsch gesagt, gibt es überall Idioten, diese müssen einfach als diese hervorgehoben und daher an den Rand gedrängt werden. Ein anonymer Absender einer Drohmail wird sich dann eventuell seine Gedanken machen, ob seine oder ihre Überreaktion eventuell daneben sei. Das hoffe ich mal in meiner optimistischen Ader.

Denn ich bin gelassen, ob der Grabenkämpfe und Zeterorgien. Eine altgediente Politfreundin hat mir schon letzten Sommer in meiner Pirateneuphorie vorausgesagt, das so was noch aussteht. "I braced for Impact" sozusagen. Einfach weitermachen, positiv nach vorne gehen und nicht ablassen. Denn so wird auch das Projekt Piratenpartei weiterleben und auch weiterkommen.

Was die Problematik der Mailinglisten betrifft, sollte es eher eine Art Social Network als digitale Anlegestelle für Interessierte, Neueinsteiger und Altgediente geben, anstatt diese direkt auf die Mailinglisten zu schicken, die nun mal fast traditionell voller Trolle stecken. Bestrebungen dieser Art gibt es ja schon genug. Sei es myPirates oder andere Projekte. Das Piratenradio bietet genauso einen schönen Anlegepunkt für Interessierte die auf einfache, lockere Art unsere Partei kennen lernen möchten. Hier werden Diskussionen gebündelt und kann so für Aussenstehende die Welt der Piraten erkennbarer machen. Ausserdem wirken die im Radio, öffentlich geführten Diskussionen sehr reinigend und bringen wichtige Angelegenheiten wunderbar auf den Punkt. Weiter so.

Und von dort aus kommen die Leute auf die Stammtische und somit auch auf die Straße. Denn im "echten Leben" sind wir Piraten eigentlich ein verdammt netter Haufen, der gemeinsam an an einem Grundstrang ziehen und gesetzte Ziele real verwirklicht sehen will.

Sprechstunde der piratigen Art - eine kurze Anekdote

Gestern war ich bei meinem Geschichtsprofessor in der Sprechstunde. Übliche Studentenroutine. Was mich nebst der Routine erfreute, war die digitale Begeisterung die mein Professor an diesem Tage mir zeigte: Mein Thema, welches ich in der Magisterarbeit und in einer Vorhergehenden Arbeit bearbeiten möchte, sind die Parallelen zwischen mittelalterlicher Kultur und der der heutigen Netzkultur. Was es damit auf sich hat, werde ich später einmal schreiben. Ich bekam erfreulicherweise viel Zuspruch für mein Thema. Es kamen auch allgemeine Themen der digitalen Welt auf, unter anderem auch die Piratenpartei als dessen Mitglied ich mich dann auch outete.

Dieses Outing resultierte darin, dass der Professor von seinem Sohn erzählte, ein Student in Münster, der gerne der Piratenpartei beigetreten wäre. Jedoch hat dieser davon abgesehen, da er die Partei als zu formal wahrnahm. Ich grinste und dachte mir meinen Teil. Im Zuge dieser Erzählung erwähnte mein Professor noch unseren Bundesvorsitzenden Jens Seipenbusch. Angeblich wolle der Professorensohn nun die SPD lieber mit piratigen Themen bearbeiten. Der Vater jedoch behauptete, der junge Mann würde so gegen Wände rennen.

Ich musste ob dieser Geschichte lächeln und klärte meinen Gesprächspartner derweil auf, dass die Strukturen und organisatorische Beschaffenheit der Piratenpartei derzeit in NRW stark vom örtlichen Personal abhängen und was dort wohl für richtig gehalten wird. Die Strukturdebatte wollte ich sicher nicht in diese Sprechstunde hineintragen. Dazu war die Zeit und mein Nervenkostüm zu knapp bemessen.

Montag, 26. Juli 2010

Die gute, alte Jugendschelte - jetzt auch ganz pietätslos erhältlich

Über das Loveparade-Unglück und die Unfassbarkeit dieser Fehlplanung und Dummheit der Veranstalter und Förderer möchte ich mich hier nicht weiter mehr äußern. Hier findet ihr alles, was ich auch schon dazu sagen wollte. (Danke, Alex für diesen sehr treffenden Text hierzu.)

Das eigentliche Thema meines heutigen Blogposts ist die sehr pietätslose Jugendschelte von einer gewissen Ex-Nachrichtensprecherin, die heutzutage am rechten Rand ihr Dasein fristet. Allerdings ist das allzu menschliche schelten junger Leute hier ziemlich am guten Ton vorbeigeschnellt. Wo der gute, alte Sokrates noch schrullig daherschrieb, ist die digitale Feder dieser Frau beißend und schmerzhaft für den aufgeklärten Menschen.

Die üblichen Phrasen zur Zügellosigkeit der Jugend und deren ach so schrecklichen Kultur, ergo Musik und Gebaren, waren wie erwartet zu finden. Jedoch ist eine solche Jugendschelte auf Kosten der Opfer und deren Angehörigen nicht mehr die eleganteste Art mit diesem Thema umzugehen. Das ist für mich die Spitze der Unverschämtheit nach Sprüchen wie "die hätten sich an die Regeln halten müssen". Wer nach dem Totalversagen der erwachsenen, arrivierten Veranstalter und Förderer dieser Veranstaltung solche Phrasen von sich gibt, hat noch nicht kapiert, dass hier Menschen ihr Leben lassen mussten.

Das schlimmste ist, diese Katastrophe auch noch für eine religiöse Sermone und der Selbstdarstellung auszunutzen. Denn wenn wir schon auf der religiösen Schiene reiten wollen, dann sollte man sich auch christlich verhalten. Das fängt bei Nächstenliebe und Vergebung an und reicht bis zur Bescheidenheit. Die Ex-Nachrichtensprecherin wiederum zeigt meines Erachtens nach nicht wirklich diese Eigenschaften. Diese badet in ihrem Text vielmehr in der Wut und Rachsucht eines alt-testamentarischen Gottes und gleichzeitig in ihrem eigenen verglimmenden Ruhm alter Tage.

Die von ihr nachgereichte Schrift, eine Erklärung zu ihres ersten Ergusses, ist beispielsweise mit einem riesigen Bild ihrer Selbst geziert. So eine Darstellung zu einem solch ernsten Thema ist in meinen Augen nichts anderes als die Mutter aller Todsünden, ja ich werde mal ganz katholisch: die Superbia (dt.: Hochmut). Wer der Superbia zum Opfer fällt, der hat vor allem nach erzkatholischem, mittelalterlichem Gedankengut gleich ein Express-Ticket in die Hölle für sich reserviert.

Wer mittelalterlich denkt, der sollte auch sich nach mittelalterlichen Maßstäben messen lassen. Finde ich zumindest. Auch als Agnostiker. Schließlich soll das Weltbild abgerundet und in sich schlüssig sein.

Ich würde gerne schreiben: "Leute, nehmt diese Frau bitte nicht ernst!", jedoch ist der Zeitpunkt und die Form dieser Jugendschelte jenseits jeglichen menschlichen Mitgefühls im christlichen Gewande, dass man vor diesem Gedankengut warnen muss. Denn christlich sieht für mich entschieden anders aus.