Freitag, 6. November 2009

Namen sind Schall und Rauch?

Seit  meiner Kindheit hat mich das Thema "Namen" und "Namensgebung" interessiert. Schon allein das Vorrecht der Eltern sich einen Namen für ihren Sprössling auszusuchen fand ich subjektiv immer sehr fragwürdig. Klar muss man seine Leibesfrucht irgendwie sprachich identifizieren könnnen, doch was ist, wenn das Kind sich unwohl fühlt? Oder der Name schlicht und einfach nicht zu dem Menschen passt?

Heutzutage gibt es für uns Internetmenschen den geliebten Nickname. Man sucht sich einen Namen aus, den man entweder ein Leben lang beibehält, oder auch nach Lebenssituation oder der Netzregion entsprechend auswählt. Hier hat das Individuum die Namensgebung in die eigenen Hände bekommen und kann sich eine Bezeichnung für seine Person frei aussuchen. Hier ist natürlich einiges an Phantasie gefragt. Es gibt sehr schöne, aber auch sehr seltsame bis fragwürdige oder gar alberne Usernamen. Allerdings liegt hier der Unterschied in der Peinlichkeits- oder Coolnesstufe ganz allein am User selbst, wie er oder sie sich nennen mag. Wer sich "Engelchenschatzimausi80" nennen mag, okay. Die Eltern kann man hier auf jeden Fall nicht beschuldigen. Ausserdem kann man sich auch schnell umbenennen.

Das schöne an Usernamen ist jedoch, dass ich mir diese besser merken kann. Während ich bei herkömmlichen Namen oft Mühe habe diese mir zu merken, kann ich Usernamen aufgrund ihrer Einzigartigkeit, Gesichern und Personen viel besser zuordnen. Schließlich steckt in jedem Nickname irgendwo ein Stück der Persönlichkeit seines Trägers darin.

Innerhalb der Piratenpartei kam hin und wieder einmal die Diskussion um die Verwendung des Usernamens bei Kandidaturen auf. Ganz ehrlich, unter uns Chorknaben: Ich ganz persönlich fände die Vorstellung eines Wahlplakates mit "Wählt Cybergeek2000" sehr lustig. Für Menschen ausserhalb unseres Dunstkreises wäre dies allerdings sehr befremdend bis abstossend. Allerdings denke ich bei Usernamen an die alte römische Tradition der Beinamen, die ihre Träger in Geschichtsbüchern viel öfter bezeichnen als die Namen, die sie durch ihre Familien bekamen. Man denke nur an Cicero oder Caesar. Selbst Willy Brandt oder Lenin hießen nicht immer so. Was ist also an einem anständig klingenden Beinamen auszusetzen? "Cybergeek2000" ist hier allerdings nicht unbedingt das beste Beispiel.

Ich denke es ist eine Sache der Angleichung zweier unterschiedlicher Kulturen die zur Zeit stattfindet. Dies ist meines Erachtens nicht an die Generation sondern an die Sozialisation gebunden. Daher würde ich bei dem Konflikt Onliner vs. Offliner lieber vom oft kolportierten Digital Gap oder Divide sprechen. Diese Lücke in der Gesellschaft sollte aber nicht Ausrede für Konservative sein, es so zu machen wie es immer war, da sonst keiner einen versteht. Das ist der falsche Weg. Denn viele Onliner lieben und hegen ihren User- oder Nickname, genauso wie der Konservative seinen Jägerzaun mag. Warum sollte einer seine Tradition für den anderen aufgeben? Vielmehr ist es wichtig, die Namenskultur und auch die sehr spannenden Freiheiten für das Individuum zu erklären und auch bekannt zu machen.

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