Schon als Kind habe ich mit meiner Mutter gemeinsam diese kleinen Törtchen in Muffinbackformen hergestellt. Damals nannten wir sie allerdings noch auf gut britisch "Fairy Cakes"*. Die Buttercreme, so viel süßer und heftiger als dessen deutsches Pendant, hat mich damals schon fasziniert. Mutter verstand es die Creme aus Butter, Puderzucker und etwas Milch durch Zugabe herrlicher Zutaten wie geschmolzener Schokolade oder Früchten jeglicher Art, immer wieder neu zu erfinden. Diese Feenkuchen wurden deshalb so genannt, weil Sie erstens dank der abgeschnittenen Oberseite, welche zweigeteilt links und rechts als "Flügelchen", wie eine kleine Fee in Tortenform aussehen. Zweitens sind sie von der Größe her ein vollwertiger Kuchen für die Kaffeetafel kleiner Feen. Tinkerbell hätte sicher tagelang an einem Fairy Cake genug süßen Treibstoff, um auch mal das Feenpulver zu vernachlässigen. Zudem sieht dieser auch noch höchst putzig aus.
Heutzutage hat sich das Mem Cupcakes aus den USA, über Großbritannien (Dort ist man sowieso für jeglichen Süßkram, egal woher, offen.), nach Kontinentaleuropa übertragen. Einen nicht ganz geringen Anteil an diesem Trend hat die Serie "Sex and the City". Sonst eher für die Schleuderei von Fashionmemen bekannt, findet man in der dritten Staffel eine Folge, in der die Figuren Carrie und Miranda auf einer Parkbank herrlich lecker ausschauende Cupcakes verspeisen. Selbst ich war vor dem Bildschirm wie gebannt. Das waren ja meine alten Fairy Cakes, nur ohne Kuchenflügelchen. Und so schön rosa! Das wurde dann auch sofort nachgebacken. Mit Marmelade und rosa Farbe für den Kuchen. Dieses Fernseherlebnis aus alten Tagen war eines der wenigen, die wirklich sinnvoll waren. (Star Trek-Orgien mal ausgenommen.)
Die Hersteller dieser Kuchen ist im Übrigen die Magnolia Bakery in New York. Ihre Vanilla Cupcakes mit rosa Färbung wurden in den 90er Jahren durch Kuchenverrückte Schwule bekannt, die Nachts auf dem Weg zur Christopher Street sich an der Bäckerei diese Leckereien gegönnt haben. Das diese Jungs Trendsetter sind, brauch ich wohl keinem mehr zu erzählen. So begann dann der Siegeszug einer kleinen Bäckerei und deren süssen Spezialität. Diese berühmten Törtlein wurden nicht nur in Sex and the City ins Rampenlicht gerückt. Auch im mondänen Chick-Lit Roman "Bergdorf Blondes" von Plum Sykes etwa, werden Vanilla Cupcakes aus der Magnolia Bakery mehrfach als zuckersüsse Gaumenbefriedigung magerer High-Society Girls textlich gewürdigt.
Heutzutage gibt es seit etwa ein oder zwei Jahren auch schöne Cupcake Cafés in Deutschland. Diese sind vornehmlich im städtischen, hippen Ballungsgebiet zu finden. Berlin, Düsseldorf, Köln, Hamburg und Frankfurt sind meines Wissens nach die Städte mit den ersten Quellen für phantasievolle, herrliche süsse Cupkakes. Wenn ihr von weiteren einschlägigen Lokalen wisst, sagt mir ruhig Bescheid. Ich will es wissen!
Warum wird dieser Süsskram so modern? Heutzutage ist man doch so figurbewusst, dass man nicht mal mehr ein Salatblatt schief ansehen möchte. Zumindest medial betrachtet. Die Antwort liegt im Bedürfnis nach einem Bedürfnis nach schicker Konditorenkunst ohne Oma-Flair. Ich sage schon seit Jahren, dass die Zuckerbäcker bestimmt nicht mit den alten Mitbürgern irgendwann aussterben werden. Sie verändern lediglich die Form ihrer Produkte. Klein ist nun einmal fein, ein Cupcake ist kleiner als das reguläre Stück Torte beim deutschen Konditor. Dadurch ist die Kalorienzahl ein wenig reduziert. Zudem kann man ein Cupcake fesch und frei mit sich herumtragen und es mal schnell auf dem Weg ins Büro als Nervennahrung zu sich nehmen oder es auch dort ohne Zuhilfenahme eines Tellers vor dem Rechner verschlingen. Von einem Stück Schwarzwälder Kirschtorte kann man so viel Handlichkeit leider nicht erwarten. Die praktische Papierummantelung des Cupcakes sieht eben nicht nur gut aus.
Wer es sich aber in einer ruhigen Minute mit Kaffee und Cupcake gut gehen lassen will, der findet in den Cupcake Cafés schöne Orte der elegant-kitschigen Entspannung nach zeitgemäßer Art. Die Cafés in Köln und Düsseldorf wurden bereits von mir getestet und für sehr gut befunden. Die Kreationen sind stets handgemacht, ohne Fertigmischungen und ähnlichem Kram den man aus heutigen Großbäckereiketten kennt. Dort hört der Kunde zu seinem Leidwesen immer öfter "geht nicht, gibt's nicht, wir haben das nicht im System". Daher haben diese kleinen Kuchenschmieden, nebst den klassischen Konditoreien der alten Schule einen riesigen Vorteil. Sie bieten ihren Kunden an, Sonderwünsche auf Bestellung zu erfüllen und auch die Bewirtung von Events oder Feiern. Kein Wunsch bleibt offen. So kehrt der Kunde immer wieder mit einem guten Gefühl zurück und beschert den kleinen Startupunternehmen ein gutes Geschäft.
Wer weiss, in ein paar Jahren fangen eventuell ein paar Backfreudige Internetfreaks an Cupcaeks und lügenlose Kuchen anzubieten. Ausschließen würde ich dies nicht. Schließlich sind Nerds, entgegen ihres Images, meist Meister in der Küche. Man betrachte nur einige dieser Kreationen. Dies müsste Beweis genug sein.
*Anmerkung am Rande:
Die kleinen, eher schlichten Mini-Kuchen, welche als Muffins gehandelt werden, hießen in meiner zutiefst britischen Kindheit übrigens "Buns".
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