Es findet derzeit eine große Umwälzug innerhalb der globalen Gesellschaft statt. Immer mehr Menschen sind von Technik umgeben, kommunizieren im Internet und fühlen sich dort auch zu Hause. Ein neuer Kulturkreis ist hier entstanden, mit dan dazugehörigen Gepflogenheiten, Traditionen und Abgrenzungen zu anderen Kulturen. Die oft bemühten Digital Natives, also Menschen die mit Computertechnik und vor allem dem Internet aufgewachsen sind, gehören zu den Trägern dieser Kultur. Durch die Vernetzung erhält der Einzelne einen viel größeren Einblick in das Geschehen auf der Welt und hat erheblich mehr soziale Kontakte als ein Mensch vor 50 Jahren etwa. Hier entsteht aus dem Inneren heraus ein gegenseitiges Beobachten statt. Man schaut via Webcam was gerade im Heimatort 400 Kilometer entfert auf dem Marktplatz passiert, updated seine Freunde via Twitter über sein eigenes Tun und Befinden, scannt Informationen und Berichterstattung zu aktuellen Ereignissen in der Welt der Politik, Sport und Unterhaltung. Das diese Beobachtungen durch sehen und gesehen werden stattfinden, stellt keiner diese in Frage, da es sonst keine Kommunikation gäbe.
Es herrscht offenbar ein Grundkonsens darüber, dass es sehr wohl wichtig ist, sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. Allerdings ist zu betonen, dass die Freiwilligkeit in der Art und des Umfangs der herausgegebenen Informationen die Natur dieser Kommunikationskultur definieren. Es ist beispielsweise nicht ungewöhnlich den Kumpel mit dem Usernamen anzusprechen, auch wenn man sich offline trifft, anstatt mit dem bürgerlichen (Vor-)Namen. Denn auch hier möchte man nicht. wie manche behaupten, einfach eine neue Fassade um sich selbst bauen, sondern sich selbst so gut es geht zu definieren. Der Name ist hier ein sehr hervorstechendes Beispiel für angewandte informationelle Sebstbestimmung: diesen erhält man in zwei Teilen von den Eltern. Der Nachname ist geerbt, der Vorname wird von den Erzeugern ausgesucht. Man selbst hat da keinen Einfluß auf diese Auswahl. Kommt man aber in die digitale Welt, so hat man plötzlich die Möglichkeit sich selbst neu zu benennen. Ein Username ist wie die Beinamen in der antiken Römischen Kultur, ein wichtiger Teil der modernen Identität geworden.
Portale wie Facebook verlangen zwar die Angabe des bürgerlichen Namens, jedoch ist es dennoch möglich sie hier immernoch neu zu benennen. Weil man es kann. Warum sollten die Daten die in meinem Pass stehen überall abrufbar sein? Ergooglebar sein? Es steht jedem frei, diese Auswahl zu treffen.
Dies ist die natürliche, technikunterstützte Vernetzung, die es erlaubt sich gegenseitig zu beobachten und auch in einer gewissen Form Kontrolle darüber zu haben welche Beobachtungen man für die eigene Sicherheit zulässt oder nicht. Ich nenne es hier den Memplex der internen, freiwilligen Kontrolle des Menschen, für den Menschen.
Dagegen steht ein von aussen nach innen eingreifendes Sicherheitsbedürfnis von Staaten und der Wirtschaft. Hier möchte man Kontrolle über die ewig fließenden Datenströme ergreifen. Die Pläne der EU, ein übergreifendes Sicherheitskonzept zu realisieren, stellen für mich den Memplex der externen, für den Menschen unfreiwillige Kontrolle vom Staat für (sic!) den Menschen dar. Hier wird mittels der modernen Technik in die Privatspähre des Menschen eingegriffen. Er hat keine Möglichkeit zu bestimmen, welche Informationen diese Sicherheitssysteme abgreifen, oder nicht. Diese Maßnahmen dienen ja schließlich dazu, Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen. Totschlagargumente einer federführenden Gewalt die noch aus der Welt stammen, die diese exponentiell gewachsene Vernetzung der Menschen durch die Technick nicht wirklich verstanden haben.
Es geht darum, ein aus dem Ruder geratenes System wieder unter Kontrolle zu bringen. Man denke hier nur an die Erfindung des Buchdrucks. Hier wurde das Pyramidensystem bereits durchbrochen. Vor der Druckerpresse wurde von oben, einer Pyramide gleich, Information an die breite Masse weitergegeben. Inhalt, Form und Natur waren von einer kleinen Obrigkeit minutiös ausgesucht worden. Plötzlich können Informationen durch Gutenbergs Erfindung rascher und kostengünstiger vervielfältigt werden. Mehr Menschen können am kulturellen Diskurs teilnehmen. Dieser ist nun nicht mehr auf Ministerialien und der Geistlichkeit in den Klöstern beschränkt. Die Einführung des Copyrights im frühen 18 Jahrhundert am englischen Königshof war die barsche Antwort auf diese Entwicklung. Schon vorher gab es sogenannte Privilegien für Bücher, die erworben werden konnten, jedoch hat sich das System der Sicherung des geistigen Eigentums erst durch die Einführung des Copyrights druch Queen Anne in seiner vollen Pracht manifestiert.
Jetzt ist es durch die Technik möglich geworden, Informationen massenhaft zu verbreiten. Raubkopierer von früher hätten bei den heutigen Möglichkeiten feuchte Buchsen bekommen. Aber hier wären wir wieder auf ein Wort gestossen, das von der vermeindlichen Obrigkeit definiert wurde. Nur der der etwas für sich beansprucht, kann von einem Raub sprechen. Doch sind Informationen wirklich Eigentum eines Einzelnen? Es ist vielmehr das Handwerk der Zusammenstellung von Informationen, die eine schlüssige Botschaft enthalten, das als Eigentum bezeichnet werden kann. Die Ausübung dieses Handwerks sollte stets bezahlt werden, das Ergebnis, jedoch ist meiner Meinung nach in den Fluß der Daten entlassen worden und sollte daher zugänglich sein. Ein Bäcker backt schließlich nur einmal ein bestimmtes Brötchen und wird dann auch vom Kunden für genau dieses Brötchen entlohnt. Man bezahlt die Mühe, die sich der Bäcker gemacht hat Mehl und Hefe und Wasser so zu kombinieren, dass da eine schmackhafte Komponente fürs Frühstück daraus entsteht.
Und hier ist wieder ein Knackpunkt, auf den wir nun gestossen sind. Früher waren die Künstler, vor allem Musiker und Autoren von wohlhabenden Gönnern abhängig. Sie konnten froh sein, wenn ein Herrscher oder wohlhabender Mensch sich ihner annahm und diese dann für den edlen Spender im Auftrag seinem künstlerischen Handwerk nachgehen konnte. Daher ist das Output der überlieferten Genies genial und prägend für die Kultur, jedoch stellt sich hier die Frage des Einflußes durch den Mäzen. Wie würde die Musik Mozarts geworden, wäre er nicht von einem Mäzen abhängig gewesen? Heutzutage gibt es viele, kleine Künstler die von ihrem Handwerk zwar nicht alleine leben können, aber dennoch vor Kreativität nur so sprühen. Sie haben kein Vertrag mit großen Plattenfirmen aber verdingen sich durch die Selbstvermarktung im Internet und durch die überzeugende Arbeit die sie leiseten. Hier wird das Publikum zum Mäzen der die runtergeladene Musik des Creative Commons Künstlers durch kauf einer Special-Edition CD oder dem Besuchs eines Konzerts belohnt.
Die Plattenindustrie fürchtet um ihr Dasein und Gorny kann nachts nicht richtig schlafen weil die Strukturen die er kennt un ihn erhalten, am wegsterben sind. Daher wird von Seiten dieser Musikwirtschaft massive Kontrolle der Musik im Internet gefordert. Die Three Strikes Gesetze, DRM (Digital Rights Management) und wie die Maßnahmen noch alle heissen, sind ein verzweifeltes Klammern an ein Wrack das nicht mehr zu retten ist.
Das was Queen Anne zu Anfang des 18. Jahrhunderts zur Kontrolle der Informationen und der Kultur vom Stapel gelasen hatte, ist jetzt im 21. Jahrhundert langsam totgelaufen. Warum? Die viel besser zu kontrollierende Technik des Buchdrucks ist überholt, die digitale Vervielfältigung von Daten ist aufgrund der Natur des Netzes nicht eindämmbar. So sehr sich viele Mogule dies wünschen. Aber, ein Netzwerk findet immer einen Weg eine Sperre zu umgehen. Das ist die nackte Realität, mit der sich die nun herrschende Klasse nun konfrontiert sieht.
Es ist die Technik, die auf widersprüchliche Art und Weise eingesetzt werden kann, um entweder der Kultur und dem Menschen zu dienen, oder nur einer kleinen Gruppe Menschen dient um diese zu kontrollieren. Durch die weiter fortschreitende Vernetzung können wir entweder zu frei verbundenen Cyborgs mit Gehirninterfaces zum Netz werden, oder alle zu marionettenhaften Maschinenmenschen die den Willen einer kleinen Schicht dient. Wenn das Netz weiter seiner Natur entspricht und Barrieren umgeht, dann könnten wir in 200 Jahren fröliche Cyborgs im Internetparadies sein.
Die Gedanken sind frei.